Parteichef Heinz-Christian Strache und sein Vize, der oberösterreichische Landesparteichef Manfred Haimbuchner, glauben in der FPÖ-Basis eine "klare Trennung" von den Identitären zu sehen.

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Die Parteispitze der FPÖ steht von zwei Seiten unter Druck: Einerseits verlangt der Koalitionspartner der FPÖ eine Distanzierung von der Identitären Bewegung (IB). Andererseits sorgt das bei Teilen der FPÖ-Basis für Unmut, manche Vertreter haben dieser Missstimmung auch schon öffentlich Luft gemacht. Zudem nutzt Identitären-Chef Martin Sellner die tagelange unentgeltliche Dauerwerbung für zusätzliche PR-Arbeit in eigener Sache und ruft für den 13. April zu einer Demonstration vor dem Justizministerium auf.

Unklare Klarstellung

Die FPÖ-Spitze reagierte auf den Druck mit einer Klarstellung, die alles unklar lässt. Generalsekretär Christian Hafenecker publizierte auf Twitter ein Foto jenes "Beschlusses" des FPÖ-Parteivorstands von 2018, der schon damals festgehalten habe, dass ein FPÖ-Funktionär nicht zugleich Identitärer sein könne.

Wörtlich heißt es in dem "Beschlussprotokoll" vom 12. Februar 2018: "Im Zuge der Diskussion wird weiters über die Position der FPÖ gegenüber der IB gesprochen, wobei Einhelligkeit darüber herrscht, dass es nicht möglich ist, gleichzeitig aktives Mitglied der IB und Funktionär der FPÖ zu sein." Dem sei nichts hinzuzufügen, so Hafenecker zum STANDARD. Auf die Frage, wie dieses formlose Übereinkommen exekutiert werde, sagt Hafenecker, dass im Parteivorstand ja schließlich auch alle Landesparteichefs und die Obleute der Vorfeldorganisationen säßen, "dieser Infofluss funktioniert also". Welche Sanktionen es gebe, falls sich jemand nicht daran hält? "Damit müssen die Länder selber umgehen", sagt Hafenecker.

Die Länder wiederum pflegen ihren jeweils eigenen Umgang mit der Causa. Oberösterreichs Parteichef Manfred Haimbuchner sagte im Ö1-Interview zwar, dass hinsichtlich FPÖ und IB "eine klare Trennung zu erfolgen hat". Er fügte aber auch hinzu, dass er in dieser "völlig überzogenen" Debatte "überhaupt keinen Grund" sehe, sich "von allem Möglichen zu distanzieren", da es ohnehin keine Überschneidungen gebe.

Beliebte Schablone

Dieses Erklärungsmuster scheint derzeit recht beliebt zu sein. Auch der burgenländische FPÖ-Klubobmann Geza Molnar, der 2015 bei einer Identitären-Veranstaltung gesehen worden war, greift darauf zurück. Heute würde er zu einer derartigen Veranstaltung "nicht mehr hingehen", erklärt er.

Die blauen Steirer hingegen rücken keinen Millimeter von ihrer Nähe zu den Identitären ab. Der Grazer Vizebürgermeister Mario Eustacchio unterstreicht sogar, dass er inhaltlich "alles unterschreiben" könne", was die Identitären so über den "Großen Austausch" von sich geben. Der dritte steirische Landtagspräsident Gerhard Kurzmann, der wie Eustacchio an einer Demo mit den Identitären teilgenommen hatte, war für eine Stellungnahme am Freitag nicht erreichbar. Der Grazer Gemeinderat Heinrich Sickl, der den Identitären eine Lokalität vermietet, bekräftigt aber im STANDARD-Gespräch, dass er mit Vizebürgermeister Eustacchio übereinstimme, wenn dieser von Hysterie spreche. Er werde am Mietvertrag festhalten.

Die starre Haltung der steirischen Blauen dürfte nicht nur parteintern für Diskussionen sorgen, sie stößt auch dem Grazer Regierungspartner auf. ÖVP-Bürgermeister Siegfried Nagl, der am Vortag im Verhalten der Blauen noch kein Problem gesehen hatte, ging am Freitag dann doch auf Distanz. Nach Medienberichten, wonach IB-Chef Sellner wegen einer Hakenkreuzschändung einer Synagoge 2006 strafrechtlich verfolgt wurde, erwarte er von der FPÖ, "dass sie sich von jenen Menschen distanziert, die NS-Gedankengut leben und verbreiten", sagt Nagl zum STANDARD. Eustacchio müsse dazu jetzt "eine klare Stellungnahme abgeben". Er würde es auch "sehr begrüßen", wenn Sickl "endlich den Mietvertrag mit den Identitären auflöst".

Wie ernst es der FPÖ mit der Abgrenzung tatsächlich ist, verdeutlicht ein Detail: Jene Videobotschaft, in welcher der frühere FPÖ- und BZÖ-Politiker Gerald Grosz den Kanzler wegen des Umgangs mit den Identitären scharf kritisiert, wurde von einem nicht ganz unprominenten Account weiterverbreitet: vom offiziellen Facebook-Auftritt der Freiheitlichen Partei Österreichs. (Maria Sterkl, Walter Müller, Wolfgang Weisgram, 6.4.2019)