Dieser monströse Fleischfresser war eines der größten Raubsäugetiere, die je die Erdoberfläche unsicher machten.
Illustration: Mauricio Anton

Diesem Tier wäre man in freier Wildbahn in Afrika besser nicht begegnet. Aber diesbezüglich bestand selbst für die frühesten Menschen längst keine Gefahr mehr: Die Fossilien der nun entdeckten und neu bestimmten Raubtierart sind 22 Millionen Jahre alt, und all seine Verwandten sind lange vor den ersten Menschen, die erst vor gut zwei Millionen Jahren auftauchten, ausgestorben.

Allein, die schieren Maße von Simbakubwa kutokaafrika – so der Name des im "Journal of Vertebrate Paleontology" vorgestellten Raubtiers – sind auch heute noch einigermaßen furchterregend. Der riesiges Fleischfresser wog mehr als eine Tonne und war weitaus größer als jede Raubkatze heute. Die Dimensionen des überproportional großen Kopfs, in dessen Kiefer riesige Zähne steckten, übertreffen jene eines Nashornschädels.

Der Größenvergleich macht offensichtlich, dass eine Begegnung mit Simbakubwa für Menschen eher schlecht ausgegangen wäre.
Illustration: Mauricio Anton

Beeindruckende Beißerchen

Umso erstaunlicher ist es, dass die Überreste dieses nun erstmals beschriebenen Ur-Vertreters der sogenannten Hyaenodonta mehrere Jahrzehnte lang unbeachtet in einer Schublade der Sammlung des kenianischen Nationalmuseums in Nairobi lagerten. Die Fossilien waren vor vielen Jahren ausgegraben worden, als man in Kenia nach fossilen Überresten alter Affen und anderer Menschenvorfahren suchte.

In der Schublade des Museums wurden sie kürzlich vom US-Paläontologen Matthew Borths (Universität von Ohio) und seinem Team entdeckt. Nachdem die Forscher die riesigen Fleischfresserzähne gesehen hatten, war für sie schnell klar, dass es sich dabei um eine bis dahin unbekannte Art handeln musste.

Zähne und Kiefer im Vergleich: Oben die eines heute lebenden Löwen und unten der Kiefer des "großen Löwen" mit einem eindrucksvollen Eckzahn von der Größe einer Banane.
Foto: Matthew Borths

Die nun erfolgte Wiederentdeckung und erstmalige Bestimmung brachten nicht nur erste erstaunliche Erkenntnisse über die neue Spezies, sondern auch solche über die sich wandelnde Fauna und Flora in Afrika zu dieser Zeit.

Hyänenartige Anatomie

Der Name Simbakubwa kommt aus dem Suaheli und bedeutet "großer Löwe", weil das Tier wahrscheinlich an der Spitze der Raubtiere in Afrika stand. Doch Simbakubwa war nicht eng mit Großkatzen oder anderen heute lebenden Raubsäugern in Afrika verwandt. Sie gehörten vielmehr zu den Hyaenodonta, den ersten fleischfressenden Säugetieren, die im Hinblick auf ihre Körperform eher Hyänen oder Hunden ähneln.

Der Artname kutokaafrika bedeutet aus dem Suaheli übersetzt "aus Afrika kommend". Das hat damit zu tun, dass dieses neu entdeckte Raubtier eine wichtige Frage rund um die Hyaenodonta klärte – nämlich die ihrer Herkunft: Auf Basis des neu bestimmten Fossils lässt sich nun sagen, dass diese Raubtiergruppe auf dem afrikanischen Kontinent entstanden sein dürfte, ehe sie von dort aus nach Norden auswanderte und sich erfolgreich über die Nordhalbkugel ausbreitete.

Austausch der Großräuber

Ungefähr zu der Zeit, in der Simbakubwa lebte, kamen umgekehrt die Verwandten von Katzen, Hyänen und Hunden aus Eurasien nach Afrika. Vor 15 bis 18 Millionen Jahren kam es dann allerdings zu einer Veränderung der globalen Ökosysteme: Grasland ersetzte die Wälder, und neue Säugetierlinien entstanden. "Wir wissen nicht genau, was die Hyaenodonta zum Aussterben brachte", sagt Borths, "aber die Ökosysteme veränderten sich schnell, als das globale Klima trockener wurde."

Die ähnlich gigantischen Nachfahren von Simbakubwa gehörten jedenfalls zu den letzten Hyaenodonta des Planeten. Und als sie verschwunden waren, entstand die moderne afrikanische Fauna, wie wir sie heute kennen. (tasch, 19.4.2019)