Ob im Bauhof der Technischen Hochschule in den frühen 1930er-Jahren oder im Lesesaal der Bibliothek: Frauen findet man auf historischen Fotos nur selten. Der Erlass des Unterstaatssekretärs für Unterricht ermöglichte Frauen ein Studium an der Technischen Hochschule, 20 wurden im ersten Jahr zugelassen.

Foto: TU Wien

Die erste Frau an der TU Wien durfte 1908 nur als Gasthörerin studieren. Erst durch einen Erlass öffneten sich 1919 für Frauen die Hörsaaltüren der Hochschule, 20 Frauen wurden damals zugelassen. Die erste Habilitation einer Frau erfolgte 1940. Doch auch hundert Jahre später ist das Geschlechterverhältnis nicht ausgewogen. Bis in die 70er-Jahre lag der Frauenanteil unter zehn Prozent, mittlerweile sind es knapp 30 Prozent.

Mathilde Hanzl-Hübner: Die erste Gasthörerin

Bildung hatte einen hohen Stellenwert im Elternhaus von Mathilde Hanzl-Hübner. Der Vater war Gymnasialprofessor, die Mutter ehemalige Gouvernante. Und auch Mathilde, die alle Tilly nannten, war sehr wissbegierig und interessierte sich vor allem für Mathematik und Naturwissenschaften. Seit dem Studienjahr 1897/98 konnten Frauen an der Philosophischen Fakultät als erste Teileinheit der Universität Wien studieren. Doch für ein Universitätsstudium fehlte Hanzl-Hübner die erforderliche Vorbildung, und auch die finanzielle Unterstützung der Eltern wäre nicht ausreichend möglich gewesen. Daher begann sie 1899 die Ausbildung zur Lehrerin. 1903 schloss sie diese mit "brillantem Reifezeugnis" ab und konnte in Volksschulen unterrichten.

Während ihrer ersten Berufsjahre legte sie 1906 als Externe die Matura ab. Unterstützung bei der Vorbereitung bekam sie von ihrem künftigen Ehemann Ottokar Hübner, damals Lehramtsstudent an der Technischen Hochschule Wien (TH).

Möglicherweise wurde durch ihn auch ihr Interesse an Technik geweckt. Denn im Sommer 1907 suchte sie um Zulassung als ordentliche Hörerin an der TH an, ohne Erfolg. Sie erreichte aber, als Gasthörerin für einzelne Vorlesungen unter anderem über Gebäudehygiene für das Studienjahr 1908/09 zugelassen zu werden. Hanzl-Hübner blieb Lehrerin, 1926 wurde sie Direktorin und 1934 wurde ihr der Titel "Schulrat" verliehen. Gleichzeitig erfolgte aufgrund des Doppelverdienergesetzes der Dollfuß-Regierung ihre Zwangspensionierung. (ost)

Margarete Janke-Garzuly: Die erste ordentliche Studentin

Als vor hundert Jahren Frauen zum ordentlichen Studium an der TU Wien zugelassen wurden, zögerte Margarete Janke-Garzuly nicht lange. Nach einem Chemiestudium an den Universitäten Wien und Budapest wechselte sie 1919 an die Technische Hochschule Wien. Vier Jahre später promovierte sie als erste Frau.

Bereits 1921 arbeitete Janke-Garzuly Vollzeit als wissenschaftliche Hilfskraft im Bereich der Chemie. 1932 wurden ihr zunächst aus Einsparungsgründen die Stunden gekürzt, im September desselben Jahres wurde sie wegen Unvereinbarkeit gekündigt, da ihr Ehemann, Alexander Janke, Professor am selben Institut wurde.

Davon ließ sie sich nicht unterkriegen: Sie absolvierte Forschungsaufenthalte in Hamburg und London und arbeitete unentgeltlich am Lehrstuhl ihres Mannes. 1940 habilitierte sich Janke-Garzuly als erste Frau an der TU Wien, nämlich im Fach Organische Chemie, und wurde ein Jahr später zur Dozentin ernannt. Sie hielt Vorlesungen, leitete Übungen und vertrat die Professur ihres Mannes. Dennoch hatte sie keine fixe Anstellung und erhielt nur wenig Gehalt für ihre Tätigkeiten.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde ihr – wie allen, die sich in der NS-Zeit habilitierten – die Lehrbefähigung entzogen. Erst zehn Jahre später wurde ihr diese wieder zuerkannt. 1959 wurde ihr als erster Frau der Titel "außerordentlicher Professor" verliehen, sie wurde aber nicht ins Professorenkollegium aufgenommen. Bis zu ihrem Tod 1972 hielt Janke-Garzuly Vorlesungen an der TU Wien. (set)

Elfriede Tungl: Die erste außerordentliche Professorin

Foto: TU Wien

Auch Elfriede Tungls Universitätskarriere führte erst über Umwege an die Technische Universität Wien, die damals noch Technische Hochschule hieß. Im Jahr 1940 inskribierte sich die damals 18-Jährige in Mathematik, Physik und Chemie an der Uni Wien. Ein Jahr später wechselte sie an die TU und studierte dort bis 1948 Bauingenieurwesen. Sie war damals die erste Frau, die in dem Fach eine Dissertation schrieb, 1950 erhielt sie ihren Doktortitel.

Anschließend sammelte Tungl Praxiserfahrung im Brückenbaudienst der Generaldirektion der ÖBB. Doch es zog sie wieder an die TU: Von 1952 an befasste sie sich als Uniassistentin mit Fragen zur Flächentragwerkstheorie und habilitierte sich 1963 als erste Frau in ihrem Fachgebiet, nämlich in der Elastizitäts- und Fertigkeitslehre. Damit war sie erst die zweite Frau, die an der TU eine Lehrbefähigung erhielt. Das nutzte sie gleich aus – und arbeitete von 1965 bis 1968 als Gastprofessorin in den USA.Erst 1974 wurde Tungl als erste Frau zur außerordentlichen Professorin ernannt und ins Professorenkollegium aufgenommen. Sie war Leiterin der Abteilung für experimentelle Spannungs- und Dehnungsmessung. Doch ihre Anstellung war nicht von langer Dauer: Aus gesundheitlichen Gründen wurde sie 1975 in den vorzeitigen Ruhestand versetzt. Im selben Jahr wurde die TH übrigens in TU umbenannt. (set) Foto: TU Wien

Annett Bartsch: Als erste Frau in Geoinformation habilitiert

Bei Annett Bartsch wurde schon früh das Interesse für Technik geweckt. "Das lag auch an meiner ersten Physiklehrerin", sagt sie. In Jena begann sie das Studium der Geografie mit den Nebenfächern Geologie und Informatik. Heute liegt ihr Forschungsschwerpunkt in der Fernerkundung. Je technischer der Inhalt des Studiums, desto weniger Frauen gab es. In der Geografie gab es noch vergleichsweise viele Frauen. Auch während ihres Doktorats in England. Erst auf ihrer Post-doc-Stelle an die TU Wien und dem sehr technischen Fachbereich war sie dann oft die einzige Frau. 2011 habilitierte sie sich als erste Frau im Fachbereich Geoinformatik. Die Motivation dafür erhielt sie durch das Hertha-Firnberg-Programm und das Elise-Richter-Stipendium des FWF. Heute ist sie an mehreren Unis in der Lehre tätig und Gründungsmitglied des Austrian Polar Research Institute. "Es gibt viele Hürden, und man braucht schon ein gewisses Durchhaltevermögen." Aber durch die Habilitation sind für sie weitere Türen aufgegangen, auch wenn sie keine Stammuniversität oder ordentliche Professur hat. (ost) Foto: privat