Bei aller krassen Unterschiedlichkeit der politischen Welten, die Ausgangslage für die jüngsten Entscheidungen in den USA und im Iran in Sachen Atomdeal zeigt starke Ähnlichkeiten: Das US-Außenministerium hat am Freitag eine neue Reihe an "nuklearen Restriktionen" für den Iran herausgegeben, die deutlich das interne Ringen um eine Linie reflektieren. Der Atomdeal mit dem Iran wird zwar nicht völlig abgedreht – den anderen, selbst sind die USA ja nicht mehr dabei -, aber gleichzeitig irreparabel beschädigt.

Und auch die Antwort des Iran ist ein Spiegel der innenpolitischen Richtungskämpfe: Teheran tut nichts, was den Atomdeal jetzt gleich sprengt. Aber die Lunte für die Sprengung in zwei Monaten ist bereits gezündet.

In den USA ist es das Außenministerium, das den Wert der dem Iran im Wiener Atomabkommen von 2015 auferlegten Beschränkungen, auch wenn sie einmal auslaufen, anerkennt: Interessant ist, dass die alten Profis dort ihren bisher nicht als großen Pragmatiker bekannten Minister, Mike Pompeo, zumindest teilweise überzeugen konnten. Sein Gegenspieler ist Sicherheitsberater John Bolton, dessen Risikobereitschaft seit der Irak-Invasion der Bush-Regierung 2003 ungebrochen ist und der die Diplomatie und Diplomaten zutiefst verachtet. So steht es in seinen Memoiren.

Etappensieg der Hardliner

Auch im Iran wurde der Atomdeal von einem Teil des politischen Spektrums von Anfang an als ungesundes Kompromisslertum abgelehnt. Die Verständigung mit dem Erzfeind beschädigt die Werte der Revolution, die nach dieser Ansicht quasi ewig zu sein hat. Aber auch die iranischen Hardliner haben erst einmal nur einen Etappensieg errungen, denn die Regierung Hassan Rohani darf pro forma noch einmal versuchen, den Deal zu retten.

Dass das gelingt, ist sehr unwahrscheinlich. Die Regierungen der verbleibenden Partnerstaaten – Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Russland, China – sowie die EU können sich noch so sehr zum Atomdeal bekennen. Sie sind doch nicht in der Lage zu kompensieren, was der Wegfall der USA, die die Vereinbarung vor einem Jahr verlassen haben, bedeutet. Wenn es nur der US-Ausstieg wäre: Vielmehr bekämpfen die USA aktiv die Möglichkeit aller anderen, den Deal zu erfüllen.

Reaktion der USA

Die Betroffenen mögen schimpfen und fluchen – aber letzten Endes werden sie sich nicht für den Iran opfern, indem sie Sanktionen in Kauf nehmen. Was das für die internationale Ordnung bedeutet, ist ein anderes Kapitel: Man kann den Unterstützern dieser Art der US-Politik nur zu ihrem Glauben gratulieren, sie würden, wenn sich ein einzelner Staat dergestalt als Welthegemon betätigt, immer auf der Seite der Gewinner stehen.

Man wird sehen, wie die USA konkret reagieren, wenn der Iran Anfang Juli aus dem Atomdeal aussteigt – und womöglich sofort die Urananreicherung quantitativ und qualitativ hochfährt. Auch das, selbst wenn es so gedeutet werden wird, ergibt noch kein Atomwaffenprogramm und eine legale Grundlage für einen Präventivangriff.

Aber der Masterplan, wenn es denn einen gibt – 2003 im Irak war er nur eine vage Vorstellung -, ist ohnehin, den Iran in den wirtschaftlichen Ruin und die Menschen zur Revolte zu treiben. Im Irak hat diese Strategie in den 1990er-Jahren weite Teile der Bevölkerung radikalisiert – genau gegen jene, die ihnen nach eigenem Verständnis die Freiheit gebracht hatten. (Gudrun Harrer, 8.5.2019)