Im Jahr 2017 sind österreichweit rund 8.750 Betretungsverbote verhängt worden. Täter müssen künftig zeitnah verpflichtend eine Gewaltpräventionstherapie absolvieren.

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Justizminister Josef Moser, Staatssekretärin Karoline Edtstadler (beide ÖVP) und Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) präsentierten das Gewaltschutzpaket der Regierung.

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Bereits im Februar hat die türkis-blaue Bundesregierung erste Details zur Verschärfung von Strafen bei Sexualdelikten sowie bei Gewalt gegen Frauen und Kinder präsentiert. Am Montag wurde das ausgearbeitete Gewaltschutzpaket von gleich drei Mitgliedern der Bundesregierung vorgestellt – und das inmitten des laufenden EU-Wahlkampfs betont harmonisch: Staatssekretärin Karoline Edtstadler, Justizminister Josef Moser (beide ÖVP) und Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) lobten die gute Zusammenarbeit. Gegenüber Tätern gebe es "null Toleranz", wie Edtstadler sagte.

Mindeststrafe bei Vergewaltigung wird erhöht

So wird die Mindeststrafe bei Vergewaltigung von einem auf zwei Jahre erhöht, eine gänzlich bedingte Freiheitsstrafe bei diesem Delikt wird ausgeschlossen. Diese Maßnahme sorgte bei Juristen und Frauenorganisationen bereits im Vorfeld für Kritik. Justizminister Moser sprach in dieser Causa auch von einer "politischen Entscheidung": Man habe den Strafrahmen bewusst der bereits geltenden Lage in Deutschland oder Schweden angepasst. Das Unrecht der Tat muss "zum Ausdruck kommen", sagte Moser.

Im Bereich Opferschutz wird das Betretungsverbot ausgeweitet: Das künftige "Annäherungsverbot" ist nicht mehr räumlich eingegrenzt, als Schutzzone werden 50 Meter definiert – unabhängig davon, wo sich die Person aufhält. Zudem "fahren wir mit den Strafen hinauf", sagte Kickl. Personen, die dagegen verstoßen, müssen mit Strafen bis zu 2.500 Euro rechnen. Im Wiederholungsfall sind es bis zu 5.000 Euro, laut Kickl sind auch Haftstrafen möglich.

Verpflichtende Therapie für Gewalttäter

Um die "Eskalationsspirale zu durchbrechen", wie Kickl sagte, müssen Täter, über die ein Annäherungsverbot ausgesprochen wurde, eine verpflichtende Gewaltpräventionstherapie absolvieren. Die Meldung bei einem Gewaltschutzzentrum muss durch Täter binnen fünf Tagen erfolgen, die Beratung innerhalb von 14 Tagen durchgeführt werden.

Kickl sprach auch den "Kampf gegen Gewalt im Namen der Ehre" an. Betroffene, die geschützt werden müssen, sollen rasch eine neue Identität annehmen können. Die Namensänderung muss "ohne finanziellen Aufwand möglich" werden, sagte Edtstadler. Das wurde auch bisher so gehandhabt.

Neue Sozialversicherungsnummer für Betroffene

Neu ist, dass künftig eine weitere Sozialversicherungsnummer vergeben werden kann, um Opfern den Start in ein neues Leben zu erleichtern. Nach einer Änderung im Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz könnten Betroffene ab 2020 einen Antrag beim Dachverband stellen, hieß es auf STANDARD-Anfrage aus dem Büro von Edtstadler.

Weniger Verschwiegenheit für medizinisches Personal

Gelockert werden Verschwiegenheitsverpflichtungen – etwa für einschreitende Notärzte. Ärzte, zu denen Opfer ein besonderes Vertrauensverhältnis pflegen, sollen von dieser Maßnahme aber weiterhin ausgenommen sein. Die Meldepflicht an Strafverfolgungsbehörden wird zudem laut Edtstadler in Spitälern und bei Personal im Bereich des Gesundheitswesens ausgeweitet, wenn der Verdacht von Genitalverstümmelung bei Frauen vorliegt.

Herabgesetzte Strafrahmen für junge Erwachsene im Alter zwischen 18 und 21 Jahren werden bei schwerwiegenden Vergehen gestrichen. Der Stalking-Paragraf wird bei beharrlicher Verfolgung über ein Jahr erweitert. Bei rechtskräftig verurteilten Sexualstraftätern, die sich an Minderjährigen vergangen haben, soll ein lebenslanges Tätigkeitsverbot verhängt werden – und zwar für alle Berufen, in denen Täter mit Minderjährigen zu tun haben können.

SPÖ: "Höhere Strafen allein reichen nicht"

Die SPÖ kritisierte, dass die Regierung zu wenig Geld für Opferschutz und Täterarbeit – etwa für ausreichende Beratungsstellen – in die Hand nehme. "Höhere Strafen allein reichen nicht, um Gewalt zu verhindern", sagte die rote Frauensprecherin Gabriele Heinisch-Hosek. Ähnlich äußerte sich auch Neos-Justizsprecherin Irmgard Griss. Laut Heinisch-Hosek würden der Justiz zudem die Ressourcen für die Strafverfolgung fehlen. Jetzt-Parteiobfrau Maria Stern nannte das Regierungspaket "halbherzig". (David Krutzler, 13.5.2019)