Der Kärntner Fotograf Stefan Reichmann hat in den letzten beiden Jahren die Sommermonate mit einer Kamera am Wörther- und am Forstsee verbracht. Nun hat er eine Liebeserklärung an die Kärntner Seen und ihre – zumeist jugendlichen – Badegäste in Form eines Fotobuchs herausgebracht. Ein Interview als Ansichtssache

STANDARD: Was macht den See für Jugendliche so anziehend?

Reichmann: Im Sommer ist der See der Ort, an dem man sich trifft. Speziell an lauen Abenden. Man nimmt sich Musik mit, Bier und geht eine Runde schwimmen. Man lässt es sich gut gehen und genießt die Freiheit.

Foto: Stefan Reichmann

STANDARD: Gerade am Wörthersee ist der Zugang aber doch sehr eingeschränkt.

Reichmann: Es gibt ein paar Badeplätze, die frei zugänglich sind. An einem dieser Orte zwischen Reifnitz und Sekirn hat mein Projekt auch seinen Anfang genommen. Es ist schade, dass es nicht mehr solche freien Badeplätze gibt. Denn ich habe festgestellt, dass gerade an diesen wenigen Orte eine unglaubliche Dynamik entsteht. Es gibt keine Reglementierungen, und so entwickelt sich ein Freiraum, der Kreativität zulässt. Dabei stand diese Thematik – der freie Seezugang – anfangs gar nicht so sehr im Vordergrund.

Foto: Stefan Reichmann

STANDARD: Wie haben die Menschen auf Sie reagiert?

Reichmann: Ich war positiv überrascht, dass sich die Leute großteils bereitwillig fotografieren ließen. Meistens ist der Kontakt ja eher kurz: Man macht ein Foto und fertig. Es gab aber auch Situationen, wo ich in eine Gruppe quasi integriert wurde und die ich dann über mehrere Stunden begleitet habe. Das ist der Glücksfall für einen Fotografen: Man wird unsichtbar. Dann kann man Szenen einfangen, die absolut spontan sind. Man muss natürlich respektvoll an die Sache rangehen und nicht als Macho mit Kamera auftreten, das funktioniert nicht.

Foto: Stefan Reichmann

STANDARD: Sehen Sie sich eher als Landschaftsfotograf oder eher als Porträtfotograf?

Reichmann: Zunächst stand die Landschaft im Vordergrund, denn dabei braucht man niemanden um Erlaubnis fragen. Dass es dann doch überwiegend Porträts geworden sind, liegt daran, dass es mit den Leuten einfach erstaunlich gut funktioniert hat. Es ging mir darum, eine Geschichte aufzubauen – man muss die Porträtierten schließlich auch verorten, deshalb sind die Landschaftsfotos auch ein wichtiges Element.

Foto: Stefan Reichmann

STANDARD: Es gibt ja auch Fotos, die auf den ersten Blick keinen direkten Bezug zum See haben.

Reichmann: Ein Bild zeigt Jugendliche mit ihren Mopeds. Das musste unbedingt ins Buch: Es definiert das Thema "rund um den See", denn viele fahren eben mit ihren Mopeds oder Motorrädern zu den Badeplätzen. Ich wollte damit auch den Bogen etwas weiter spannen – hin zu den diversen Events rund um den See, zum Beispiel das GTI-Treffen in Reifnitz oder das "Pink Lake"-Event.

Foto: Stefan Reichmann

STANDARD: Was auffällt: Sie verzichten komplett auf Bildbeschreibungen oder überhaupt auf Text.

Reichmann: Das war eine bewusste Entscheidung: Die Bilder sollen für sich sprechen. Ich wollte die Badenden so abbilden, wie sie sind – ohne eventuell ins Voyeuristische abzugleiten. Das hat an den freien Badeplätzen jedenfalls besser funktioniert, als irgendwelche Menschen beim Sonnenbaden in einem Strandbad abzulichten.

Foto: Stefan Reichmann

STANDARD: Gibt es bereits Ideen für ein Folgeprojekt?

Reichmann: Es gibt ein melancholisches Kärntner Volkslied "Is schon still uman See". Möglicherweise könnte sich daraus etwas ergeben, so in etwa "Stil uman See" – also tatsächlich sollte es mehr mit Style, Mode zu tun haben. Das ist aber noch Zukunftsmusik. Mir geht’s in den meisten Projekten um das Alltägliche. Erst im Nachhinein kommen dann die Interpretationen. (max, 5.7.2019)

Foto: Stefan Reichmann

Stefan Reichmann,

"UMAN SEE", 128 Seiten

ISBN: 9783200062092, € 29,–

www.stefanreichmann.com

Bestellen über: office@stefanreichmann.com oder in den folgenden Buchhandlungen:

HEYN, Kramergasse 2–4, Klagenfurt

HAČEK, Paulitschgasse 5, Klagenfurt

Mohorjeva, 10.-Oktober-Straße, Klagenfurt