Wien – Über die größte sicherheitspolitische Affäre seiner Amtszeit – die Ermittlungen gegen BVT-Mitarbeiter samt einer durch das Innenministerium angestoßenen Razzia – hat sich Sebastian Kurz "vor allem durch Medienberichte" informiert, sagte der Ex-Kanzler im BVT-Untersuchungsausschuss am Mittwoch. Allerdings erfolgte auch das nicht allzu aufmerksam, wie seine Befragung im Ausschuss zeigte. Kurz offenbarte zahlreiche Wissenslücken. DER STANDARD hilft ihm weiter: Hier die wichtigsten Punkte, kurz und knapp erklärt.

· Vorgespräche bei der FPÖ

Mehrere Belastungszeugen haben sich mit dem Kabinett von Ex-Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) unterhalten, bevor sie bei der Staatsanwaltschaft ausgesagt haben. Mit der ersten Zeugin traf sich Kickl sogar persönlich im Parlamentsklub der FPÖ. Diese Enthüllung sorgte für Aufsehen, da sie Hinweise auf eine parteipolitische Instrumentalisierung der Justiz gab.

· "Wer ist Udo Lett"

Ganze 53 Berichte der Nachrichtenagentur APA findet man, sucht man nach "Udo Lett". Der ehemalige Mitarbeiter des ehemaligen Generalsekretärs Peter Goldgruber war einer der zentralen Akteure in der BVT-Affäre. Lett, der vom Wiener Verfassungsschutz ins Kabinett Kickl kam, war jener Mitarbeiter, der vor deren Einvernahme mit Belastungszeugen gegen das BVT sprach. Auch nach der Razzia stand Lett in Kontakt mit der Staatsanwaltschaft, vermittelte etwa weitere Zeugen. Im U-Ausschuss wurde er ausführlich befragt. Der Altkanzler konnte mit dem Namen Letts allerdings nichts anfangen.

· Die Neptun-Datenbank

Die später großteils für rechtswidrig erklärte Razzia im BVT sorgte vor allem deshalb für Aufregung, weil zahlreiche inhaltlich fallfremde Objekte sichergestellt und von der Staatsanwaltschaft mitgenommen wurden. Dazu gehört etwa die Neptun-Datenbank, auf der die Kommunikation mit befreundeten Nachrichtendiensten gespeichert ist. Dass sie aus dem BVT "verschwand" und bei der Staatsanwaltschaft landete, sorgte international für Irritation. Intern machte dem BVT vor allem der Umstand Sorgen, dass Daten von verdeckten Ermittlern das Haus verließen – was nicht nur für die Ermittlungen in extremistischen Kreisen, sondern auch für die Sicherheit dieser Ermittler zur Gefahr werden könnte. Obwohl dieser Umstand in zahlreichen Medien mehrmals ausführlich berichtet wurde, wusste Kurz davon nichts, als er konkret danach gefragt wurde.

· Isoliertes BVT

Die Mitnahme der Neptun-Festplatte war einer der Gründe dafür, dass dem BVT bei befreundeten Diensten zusehends Skepsis entgegenschlug. Das bewies bereits im Herbst 2018 der Falter, der über ein Dokument des finnischen Nachrichtendienstes berichtete. Aus diesem ging hervor, dass eine bestimmte Information "nicht ans BVT Wien" gehen sollte. Kurz gab an, damals nichts von der Isolation gewusst zu haben – er habe die betreffende Falter-Ausgabe wohl nicht gelesen. Das, obwohl die Abschottung des BVT ein Hauptthema des Ausschusses war.

· Auskunftsrecht

Kurz begründete sein Unwissen damit, dass er als Kanzler für das BVT nicht zuständig sei, das sei nämlich Sache des Innenministers. Auf die Frage, warum er sich nicht beim BVT-Chef über diese sicherheitspolitisch hochbrisante Affäre persönlich informierte, meinte Kurz, dass dieser ihm ja zu keiner Auskunft verpflichtet sei. Das ist falsch: Eine Änderung des Ministeriengesetzes, die übrigens von Kurz mitbeschlossen wurde, verankerte ein direktes Auskunftsrecht des Kanzlers im BVT. (fsc, sterk, 3.6.2019)