Blick hinter Benjamin Verdoncks raffinierte transportable Bühne.

Foto: Kurt Van der Elst

Im hintersten Winkel der Gösserhallen hat Benjamin Verdonck sein Theater aufgeschlagen. Der Bühnenkünstler hat einen großen Holzrahmen aus Antwerpen mit zu den Festwochen gebracht. Er hat aber auch viel kleinere Versionen davon – so winzig, dass er sie mir nichts, dir nichts in den Zug packen und damit überallhin fahren könnte, wie er im Programm seine Motivation beschreibt. Der Einsatz der Mittel ist dennoch wahrlich sparsam.

Licht und Schatten

Fahrbare Wände nach oben und zur Seite staffeln sich gut zwei Meter tief vielfach hintereinander. Mittels Flaschenzügen bedient Verdonck sie von der Seite. Langsam öffnet und schließt sich diese kostbare Schatulle für eine mutmaßlich ebenso kostbare Erzählung. Jeder Abschnitt verfügt über eine eigene, die Farben wechselnde und dimmbare Beleuchtung und wirft also auch Schatten.

Liedlein für Gigi heißt der Abend und ist von Verdoncks Tochter inspiriert. Etwa von deren Frage nach Soldaten auf der Straße, woraufhin der Vater ihr das Unwesen Terror zu erklären sucht. Erzähler Louis Nostitz berichtet ebenso vom ersten guten Witz des Mädchens über einen Pinguin in der Bibliothek, von Zöpfen, die Gigi in der Schule aufgehen, und von fair gehandelten und daher besseren Bananen.

Die Liebe des Vaters in Ehren, aber schlauer machen solche Anekdoten den Besucher – im Gegensatz zum Kind – nicht. Statt entschleunigend wirken sie beliebig.

Ein Rechteck wird zur Raute

Die Bühnenkonstruktion ist raffiniert. Die wechselnden Wände bringen optisch Spielarten der abstrakten Kunst der klassischen Moderne hervor. Mehr als einmal grüßen die quadratischen, bunten Gemälde von Josef Albers. Dann wieder kann man die Schachtel ungläubig mit einer Tiefgarage verwechseln. Ein Rechteck kippt zur Raute, ein giftgrüner Karton zittert. Staunen ist erlaubt.

Ursprünglich hatte Verdonck überhaupt geplant, es dabei zu belassen. Er wollte ein abstraktes Stück nur aus Formen und Musik machen, so das Programmheft. Vielleicht hätte er dabei bleiben sollen. Zwei Gitarren liefern ohnehin durchgängig tollen sensiblen bis psychedelischen Sound.

Kaum eine dreiviertel Stunde dauert der spartanische Zauber. Feinspitze der Schaulust immerhin kamen auf ihre Kosten. (Michael Wurmitzer, 7.6.2019)