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Hanfprodukte schossen im vergangenen Jahr in vielfältiger Form wie Schwammerl aus dem Boden.

Foto: Oliver Berg/dpa

Wien – Anfang Dezember hat die damalige Gesundheitsministerin Hartinger-Klein (FPÖ) in ihrem so genannten Hanf-Erlass die Landeshauptleute aufgefordert, gegen das In-Verkehr-Bringen von CBD-Produkten vorzugehen. Zur Erinnerung: CBD steht für Cannabidiol. Es ist einer von hunderten Wirkstoffen der Cannabispflanze. Im Gegensatz zum bekanntesten dieser Wirkstoffe – THC – wirkt CBD aber nicht psychoaktiv. Hartinger-Klein argumentierte, dass diese Produkte der Novel Food Verordnung der EU unterliegen und nur mit Genehmigung als Nahrungsergänzungsmittel verkauft werden dürfen.

Einigen Unternehmern nahmen darauf hin ihre "Hanfprodukte" wieder aus dem Sortiment. Die Konditorei Aida etwa hatte Hanf- bzw. CBD-Brownies und -Krapfen im Angebot und verbannte diese wieder. Die Drogeriekette dm nahm ihre CBD-Öle aus den Regalen. "Wegen gesetzlicher Unklarheit", hieß es.

Heillose Verwirrung

Die Folge des Erlasses war, dass kleine Hanfbauern und -händler sich ihres Erwerbszweiges beraubt sahen und dass Konsumenten bzw Patienten in heillose Verwirrung gestürzt wurden, wo sie künftig CBD-Produkte beziehen könnten, meint die Liste Jetzt in einer Aussendung. Die Lebensmittelpolizei hätte zahllose Proben genommen und das Gesundheitsministerium hätte – allerdings nur beim Verkauf von CBD-Blüten – Strafanzeigen erstattet, da in den Blüten statt nur unter 0,3 Prozent THC Werte von 0,34 bis 1,1 Prozent festgestellt wurden. Eine Überschreitung die gesetzwidrig sei, doch da in Einzelfällen Händler sogar in U-Haft zu nehmen, sei lächerlich. Diese THC-Werte seien kaum geeignet Rausch zu erzeugen. In anderen Staaten gäbe es auch andere Grenzwerte.

Daniela Holzinger, Abgeordnete der Liste Jetzt, wollte vom Justizminister nun wissen, wieviele Fälle vom Gesundheitsministerium angezeigt wurden und wie die Strafverfahren ausgegangen seien. Die Antwort: Man könne nicht herausfinden, welche Anzeigen das Gesundheitsministerium wann wo eingebracht habe. " Absolut unzureichend", wie Holzinger findet. Sie will am Ball bleiben.

Ein Erlass ist keine neue Norm, sondern nur der Hinweis, wie man eine Norm vollziehen möge. Der Erlass von Hartinger wäre jedoch über das hinausgegangen, was zu diesem Zeitpunkt im Anhang zur Novel Food Verordnung als gemeinsamer Standpunkt von Experten galt, so die Liste Jetzt. Erst im Jänner 2019 sei der – nicht rechtsverbindliche Anhang zur Verordnung – auch auf Betreiben Österreichs in Hartingers Sinn geändert worden.

"Unseliger Erlass"

"Frau Ministerin Hartinger hat die ideologische Law and Order-Politik der FPÖ umgesetzt und sich an die Spitze der Lobbyisten der Pharmaindustrie in Europa gesetzt. Denn Big Pharma will das Geschäft mit der Arzneipflanze des Jahres 2018 selbst machen. Da gilt es eine Pflanze, die seit tausenden von Jahren bekannt und in verschiedensten Formen verwendet wird, plötzlich zu einem "neuen Lebensmittel" (nach 1997 auf den Markt gebracht) zu erklären und von teuren Genehmigungen abhängig zu machen," regt sich Peter Kolba, Obmann des Verbraucherschutzvereines (VSV) auf. "Ich habe daher die neue Gesundheitsministerin Zarfl in einem Brief auf die Problematik aufmerksam gemacht und aufgefordert, diesen unseligen Erlass zurückzunehmen. Ich sehe nämlich auch die Gefahr, dass gegen die Republik von Seiten von Händlern Amtshaftungsansprüche in Millionenhöhe eingeklagt werden könnten." (red, 10.6.2019)