Die Wohnanlage "Generationenband" in Wien-Donaustadt ist so konzipiert, dass Studierende, Ältere und Familien mit Kindern einander nicht in die Quere kommen, aber dennoch zusammentreffen.

Foto: Lukas Schaller

Eine letzte Gärtnerei hält noch die Stellung an der Tokiostraße in Wien-Kagran. Rechts und links der Gewächshäuser zieht sich fugenlos die Reihe neuer Wohnbauten entlang. Was früher flaches Donaufeld war, ist heute sechsgeschossig oder noch höher – und hochverdichtet noch dazu. Zum Ausgleich für die mitunter schluchtenartige Höfe bietet in zweiter Reihe der Kirschblütenpark Luft zum Atmen, er bildet in Verbindung mit der Tokiostraße und der kleinen Bonsaigasse einen zumindest namentlichen Japan-Schwerpunkt im 22. Bezirk.

Wer die Bonsaigasse in Richtung Kirschblüte durchmisst, taucht bald unter einer Brücke durch, die im dritten Geschoss zwischen zwei Häusern klemmt. Genau gesagt sind es insgesamt drei Brücken zwischen vier Häusern, gemeinsam bilden sie das sogenannte Generationenband. Dies war die Idee des Architekturbüros Blaich Delugan, das mit dem Bauträger Eisenhof auf vier relativ kleinen Restbauplätzen eine eigene soziale Mischung kombinierte.

Generationen auf Häuser verteilt

Junges Wohnen, Familienwohnen und Seniorenwohnen (in der offiziellen, weniger geriatrischen Wortwahl: Wohnen 55+), verteilt auf 75 Mietwohnungen, 41 Smartwohnungen und sechs Wohngemeinschaften. Die 55+-Bereiche kombinieren drei "Cluster" aus je vier Smartwohnungen mit jeweils eigenem Gemeinschaftsraum.

Das ist zwar in Wien nicht einzigartig, aber das Besondere an der Bonsaigasse ist, dass die Generationen hier auf Häuser verteilt wurden, auch um sich lärmbedingt nicht zu sehr in die Quere zu kommen.

"Die Wohngemeinschaften für Studenten und junge Menschen sind in einem eigenen Trakt angeordnet, dadurch werden Nutzungskonflikte mit anderen Bewohnern vermindert", erklärt Eisenhof-Geschäftsführer Peter Roitner. "Im Zentrum der Anlage ist das Angebot für die ältere Generation situiert, die Familienwohnungen befinden sich vornehmlich in Ruhelage im nördlichen Bauteil. Die Smart- und Standardwohnungen sind frei verteilt und fördern dadurch die soziale Durchmischung." Sprich: Jeder darf seine Ruhe haben, aber niemand muss vereinsamen.

Klare Grenze

Das Generationenband verbindet diese Häuser miteinander; an diesem Weg, der sich in der Höhe durch die Anlage schlängelt, sind auch alle Gemeinschaftsräume, Kinderspielräume, Jugendraum, Gemeinschaftsterrassen angeordnet. "Räume also, die für gewöhnlich eher im Erdgeschoss untergebracht werden, doch hier sind sie auch deshalb in die Höhe gewandert, weil sich das Erdgeschoss mit seiner Lage am Park gut fürs Wohnen eignet", erklärt Architekt Dieter Blaich.

Als klare Grenze zwischen privater Terrasse und öffentlicher Kirschblüte dienen weiße, halbhohe Mauern mit schmalen Öffnungen. Eine willkommene Abwechslung zu den sonst in Wien üblichen Maschendrahtzäunen, die sofort nach Einzug mit Eigenbausichtschutz aus Thujen oder Baumarktbastmatten verunstaltet werden.

Sorgfältige Wohnungsvergabe

Damit das Band nicht nur konstruktiv, sondern auch ideell funktioniert, wurde bei der Wohnungsvergabe auf die richtige Zuordnung von Bewohner und Wohnung geachtet. Das Soziologieteam Realitylab informierte die Interessenten umfassend. Dabei galt das Motto "Haus vor Wohnung" – das heißt: eine bewusste Entscheidung für das Gesamtprogramm. Das Büro Realitylab hilft seit der Vergabe Ende 2018 auch beim Einstieg in die Praxis des Zusammenlebens und der Nutzung der Gemeinschaftsräume.

Damit das Generationenband den "Raum für alle Lebensphasen" auch langfristig zusammenhält, sollen die heutigen Bewohner auch, soweit förderrechtlich möglich, in Zukunft bei der Vergabe frei werdender Wohnungen bevorzugt werden, sagt Roitner. Das soll die langfristige Verankerung in der Nachbarschaft gewährleisten. Mit etwas Glück wird die dichte Stadt am Donaufeld so zu einem Netzwerk aus Häusern und Dörfern, und der Bonsai zum Baum. (Maik Novotny, 1.7.2019)