Hannah Montana teenagerisiert jetzt im Krankenhaus

Foto: Universal Film

Wenn Sie dieses Wochenende Ihre Teenagertochter unkontrolliert schluchzen hören, dann hat sie sehr wahrscheinlich gerade Drei Schritte zu dir gesehen (...). Es ist Crack für Highschool-Kids." (New York Post)

Ja, in den letzten Jahren hat sich ein neues Genre als Suchtbewegung unter den jungen Erwachsenen etabliert: Die "Sick-Teen-Romanze" findet mit Vertretern wie Restless (2011), Das Schicksal ist ein mieser Verräter (2014), Ich und Earl und das Mädchen (2015), Du neben mir (2017) oder Midnight Sun (2018) Gefallen bei Jungen. Oft handelt es sich dabei um Literaturverfilmungen, die "Sick Lit" ist die große Schwester des Genres. Mit der "Bromance" Dieses bescheuerte Herz (2017) lässt sich auch eine deutsche Produktion als Beispiel nennen.

Regisseur Justin Baldoni (als Schauspieler aus der Serie Jane the Virgin bekannt) hat nun dafür gesorgt, dass auch dieses Jahr Teenagertränen fließen dürfen. Drei Schritte zu dir handelt vom Liebespaar Stella (Haley Lu Richardson) und Will (Cole Sprouse). Beide sind an der Erbkrankheit Mukoviszidose erkrankt und dürfen sich aufgrund der Infektionsgefahr anderen Patienten nur auf vier Schritte Entfernung nähern. Sie lernen sich im Krankenhaus kennen, eine absurd bunte Umgebung, in der sie sich unwirklich frei bewegen können.

Suche nach Vereinigung

Stella und Will könnten unterschiedlicher nicht sein: er verschlossen und rebellisch, sie lebensfroh und zwangsneurotisch genau. Trotzdem verlieben sie sich ineinander und versuchen einander trotz der Distanz nahezukommen. Dass diese Liebesgeschichte tragisch endet, liegt schon im Wesen des Genres.

Doch gerade in der Vorhersehbarkeit liegt wohl der Reiz dieser Filme. Die gute alte Suspense: Man will wissen, wie etwas passiert, anstatt was. Die Filmwissenschafterin Linda Williams nennt es in Bezug auf das Melodram – nichts anderes ist Drei Schritte zu dir – das Pathos des "Zu spät!": "In diesen Fantasien ist die Suche nach Vereinigung immer getrübt durch die Melancholie des Verlusts. Die Ursprünge sind immer schon verloren, die Begegnungen finden immer zu spät statt (...). Wir weinen (...) nicht allein deshalb, weil die Charaktere weinen, sondern in dem Augenblick, in dem die Sehnsucht endgültig als vergeblich erkannt wird."

Vorhersehbarkeit und Rührseligkeit – die beiden Begriffe werden, sowohl kritisch als auch lobend, als Merkmale der Sick-Teen-Romanze erwähnt. Sie machen das Erfolgsgeheimnis des Genres aus. "Bitte, manipuliert schamlos meine Emotionen!", heißt es in der New York Post. Die britische Daily Mail sieht in Bezug auf die Sick Lit eine eher bedenkliche Gegenbewegung zu den Vampir- und Fantasyromanen à la Twilight.

Suizid und Shakespeare

Die Fantasie wird durch harte Realität ersetzt und wirft dadurch die Frage auf, ob es sich um eine Romantisierung des Todes oder doch um eine ehrliche Konfrontation mit ebendiesem handelt, vor allem wenn Themen wie Suizid verhandelt werden. Jedoch ist das keine neue Erscheinung, man denke nur an Shakespeares Romeo und Julia. Justin Baldoni zitiert in einer Szene eindeutig, wenn nicht sogar plakativ aus dem berühmten Drama. Ist Shakespeares Romeo und Julia 1597 vielleicht sogar die erste Sick-Lit-Romanze für Teenager gewesen?

In den Kritiken zu den Sick- Teen-Romanzen werden oft die Hauptdarsteller hervorgehoben. Meist ist von Authentizität die Rede, von wechselseitiger Chemie. Auch Baldoni wird nicht müde, dies zu erwähnen: "Das ist Stella – sie sprüht so vor Leben wie Haley. Ich bekam eine Gänsehaut, als ich das realisierte." Oder: "Als ich mich mehr und mehr mit Cole Sprouse anfreundete, entdeckte ich immer weitere Parallelen zwischen ihm und Will."

Diese Authentifizierungsstrategien tragen zum Erfolg der Filme bei. Und mit der Wahl der ehemaligen Disney-Stars Sprouse (Hotel Zack & Cody) und Moises Arias (Hannah Montana), der Stellas besten und ebenfalls schwerkranken Freund Poe spielt, hat man es bestimmt auch auf ein Stammpublikum abgesehen. (Katharina Stöger, 19.6.2019)