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Der Spitzenkandidat der Europäischen Christdemokraten, Manfred Weber, will nicht aufgeben.

Foto: Reuters/Hannibal Hanschke

Obwohl die Chancen auf Nominierung zum nächsten Präsidenten der EU-Kommission am Freitag nach dem EU-Gipfel in Brüssel auf null gesunken schienen, will der Spitzenkandidat der Europäischen Christdemokraten (EVP), Manfred Weber, nicht aufgeben. "Ich kämpfe weiter", ließ der EVP-Fraktionschef den STANDARD am Sonntag wissen. Via Twitter hatte er die EU-Parlamentarier davor gewarnt, gegenüber den Staats- und Regierungschefs "die eigene Macht freiwillig aufzugeben".

Diese konnten sich nicht auf die Nominierung eines Kandidaten einigen. Keiner der drei Spitzenkandidaten bei den EU-Wahlen – neben Weber der Sozialdemokrat Frans Timmermans und die Liberale Margrethe Vestager – hatte eine Mehrheit der 28 Regierungschefs hinter sich. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron erklärte aber explizit, dass Spitzenkandidaten Geschichte seien und "neue Namen auf den Tisch" müssten. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel drückte sich vorsichtiger aus, gestand aber ein, dass man das zur Kenntnis nehmen müsse. Es stünden "schwierige Diskussionen" mit dem EU-Parlament bevor.

"Hinterzimmerpolitik"

Der Juncker-Nachfolger muss im Plenum von der Mehrheit gewählt werden, sprich er könnte auch durchfallen. Genau da knüpft Weber an. Man habe sich vor der Wahl darauf geeinigt, dass nur einer der Spitzenkandidaten die Kommission bis 2024 führen solle. Die EVP erhebt als Wahlsiegerin Anspruch. "Nun ist die Stunde des Parlaments", erklärte Weber. Es wäre ein "riesiger Rückschlag", wenn man bei der Vergabe der EU-Posten wieder in die frühere "Hinterzimmerpolitik" der Regierungschefs zurückfalle.

Es steht ein Wettlauf bevor. Die Regierungschefs wollen am Sonntag bei einem erneuten EU-Gipfel eine Entscheidung herbeiführen. Es gibt, wie berichtet, bereits eine Reihe von Alternativkandidaten.

Der EVP-Fraktionschef will diese Woche mit Sozialdemokraten und Liberalen Gespräche suchen. Dabei wird es auch darum gehen, wer Parlamentspräsident bis 2024 wird. Im Gespräch sind als Teil des "Personalpakets" der Liberale Guy Verhofstadt und die Grüne Ska Keller. Mit den Grünen, die sich über Macrons Diktat empört zeigen, seien Verhandlungen über ein Arbeitsprogramm auf gutem Weg, heißt es in der EVP.

Weber kategorisch ausgeschlossen

Die Chancen, dass sich das Blatt für Weber wendet, werden dennoch als gering eingestuft. Liberale wie Sozialdemokraten haben erst seit einigen Tagen neue Fraktionschefs: Dacian Cioloș aus Rumänien und Iratxe García Pérez, der eine enger Vertrauter von Macron, die andere von Spaniens SP-Premier Pedro Sánchez.

Sie sind im Tauziehen um EU-Topjobs neben Merkel die wichtigsten Drahtzieher und haben Weber kategorisch als Juncker-Nachfolger ausgeschlossen. Es wird darauf ankommen, ob die Fraktionen geschlossen bleiben. (Thomas Mayer aus Brüssel, 24.6.2019)