Ein Teil der vielfach kritisierten Justizreform in Polen ist nun auch offiziell EU-rechtswidrig: Der Europäische Gerichtshof in Luxemburg (EuGH) hat am Montag die Senkung des Pensionsalters für polnische Höchstrichterinnen und Höchstrichter gekippt. Die EU-Kommission hatte Warschau vergangenes Jahr wegen der Reform verklagt, in der sie einen Angriff auf die Unabhängigkeit der Justiz sah.

Konkret hatte das Gesetz vorgesehen, dass polnische Höchstrichter statt wie bisher mit 70 Jahren bereits mit 65 in Pension gehen sollen. Nicht nur in Brüssel, sondern auch in der polnischen Opposition war daran massive Kritik laut geworden. Viele sahen in der Bestimmung den Versuch, missliebige Richter aus ihren Positionen zu entfernen.

Das Urteil vom Montag kam nicht überraschend. Bereits im vergangenen Oktober hatte der EuGH die polnische Regierung in einer einstweiligen Verfügung angewiesen, die Zwangspensionierungen zu stoppen. Warschau hat daraufhin die Rückkehr der betroffenen Höchstrichter ermöglicht. Das jetzige Urteil bestätigt im Wesentlichen die damalige Entscheidung. Zudem hatte im April auch EuGH-Generalanwalt Evgeni Tanchev die Ruhestandsregel für das Oberste Gericht für rechtswidrig erklärt.

Weiteres Urteil steht an

Der Streit um das Pensionsalter der Höchstrichter ist nur eine von mehreren Facetten in der Debatte um Polens Justizreform. Diese betrifft auch die Zusammensetzung des Verfassungsgerichts sowie jene des Landesjustizrats, der die Richter an ordentlichen Gerichten nominiert und mit dem sich der EuGH bereits nächste Woche befassen soll.

Aus Sorge um die Rechtsstaatlichkeit in Polen hat die EU-Kommission zudem ein Verfahren nach Artikel 7 des EU-Vertrags eingeleitet, das theoretisch zum Entzug der Stimmrechte im Rat führen kann. (Gerald Schubert, 24.6.2019)