Das Ibiza-Video rückte auch Sascha W. ins Rampenlicht.

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Krems – Ein gut gefüllter Schwurgerichtssaal am Landesgericht Krems schon in den Morgenstunden strahlte eigentlich genug Wärme aus, doch für einen echten Hitzeschlag sorgte der Angeklagte. Sascha W., ein im Rahmen der Ibiza-Affäre zu einiger Berühmtheit gelangter Sicherheitsberater, erschien nicht zum mit Spannung erwarteten Prozessauftakt.

Er hatte sich kurzfristig wegen einer schweren psychischen Erkrankung via Anwalt entschuldigen lassen. Richterin Monika Fasching-Lattus wurde von der Nachricht völlig überrascht und reagierte einigermaßen enerviert, schmiss den Talar hin und beauftragte anwesende Gerichtsdiener und Polizisten, W. im Landeskrankenhaus Krems ausfindig zu machen. Daraufhin wurde W. von der Polizei ins Klinikum Tulln gebracht, wo geklärt werden sollte, ob er tatsächlich an einer psychischen Erkrankung leidet.

Bei W. sei ein Alkoholgehalt von 2,9 Promille festgestellt worden, erklärte die Richterin. Sie stellte in den Raum, dass die Staatsanwaltschaft eine Untersuchungshaft beantragen könnte. Am frühen Nachmittag teilte das Landesgericht Krems mit, dass der Prozess aus gesundheitlichen Gründen des Angeklagten auf den Herbst verschoben wurde.

Massive Anklage

W. ist wegen Verleumdung, Vortäuschung einer mit Strafe bedrohten Handlung, schweren gewerbsmäßigen Betrugs und mehrerer Vermögensdelikte angeklagt. Er hatte sich 2016 selbst angezeigt und einem Hersteller von Bahnbaumaschinen vorgeworfen, einen Konkurrenten ausspioniert zu haben. Das Unternehmen hat die Vorwürfe stets bestritten. Umfassende Ermittlungen des Bundesamts für Verfassungsschutz und des Landeskriminalamts Niederösterreich gegen 13 Beschuldigte wurden letztlich eingestellt. Lediglich W., der die Sache ins Rollen gebracht hat, muss sich vor Gericht verantworten.

Durch Ibiza-Video im Rampenlicht

Der Fall steht aber ohnehin hauptsächlich wegen der Ibiza-Connection im öffentlichen Interesse, mit der er an sich rein gar nichts zu tun hat. Wo die Verbindung dann liegt? W. outete sich nach dem Erscheinen des Videos und behauptete, einen früheren Mitarbeiter erkannt zu haben. Tatsächlich gilt Julian H. seit einigen Wochen als einer der mutmaßlichen Drahtzieher der Aufnahmen, die zum Rücktritt von Heinz-Christian Strache, Johann Gudenus und letztlich zum Sturz der Regierung geführt haben.

Die Methoden, die bei der Aufzeichnung verwendet worden sind, habe er H. beigebracht, erklärte W. bei mehreren Gelegenheiten, der sich als Lehrmeister der mutmaßlichen Fallensteller gerierte. Was der Causa zusätzlich Würze verleihen sollte: Ausgerechnet der Detektiv Julian H. stand am Mittwoch auf der Zeugenliste. Vorgesehen war ein Auftritt über Videozuschaltung, die klarerweise nicht zustandekam.

Nicht befragt werden können somit zwei weitere Sicherheitsexperten, die sowohl als Belastungszeugen gegen W. in der aktuellen Verleumdungscausa aufgeboten wurden als auch in die Ibiza-Affäre verstrickt sein sollen. Für alle Genannten gilt die Unschuldsvermutung. (Andreas Schnauder, 26.6.2019)