Das Ex-Wunderkind der deutschen Wirtschaft wird zum großen Geldgeber für Hertha BSC: Lars Windhorst.

Foto: imago images /Götz Schleser

Berlin – Der deutsche Fußball-Bundesligist Hertha BSC stößt mit einem umfangreichen Investorendeal über mindestens 125 Millionen Euro in eine neue finanzielle Dimension vor. Der Unternehmer Lars Windhorst wird diese Summe in den Klub pumpen, teilten die Berliner am Donnerstag mit. Der Geldgeber erwirbt über seine Beteiligungsgesellschaft Tennor zunächst 37,5 Prozent.

Windhorst plant demnach, sich in Zukunft noch stärker zu engagieren. "Diese Zusammenarbeit ist richtungsweisend für unseren Verein. Wir sind uns bewusst, dass kontinuierliche und fortschrittliche Arbeit unsere Chancen im immer härter werdenden Wettbewerb stetig steigern wird", sagte Geschäftsführer Michael Preetz. Auch Windhorst erwartet sich viel. "Die Hertha kann wie andere Klubs in London oder Madrid zu einem echten 'Big City Club' werden", sagte er dem Magazin "Der Spiegel".

Bis zu 250 Millionen Euro möglich

Maximal kann Tennor laut den Statuten der deutschen Fußballliga 49,9 Prozent an der Hertha BSC GmbH & Co. KGaA, der Profiabteilung des Vereins, erwerben. Dieses Interesse bestätigte der Sprecher der Investment-Beteiligungsgesellschaft, Andreas Fritzenkötter, der Deutschen Presse-Agentur. Der Zeitpunkt für den Kauf von weiteren Anteilen sei noch offen.

Insgesamt könnte die Hertha, die den Österreicher Valentino Lazaro im Sommer wohl abgeben wird, laut "Bild"-Zeitung sogar bis zu 250 Millionen Euro erhalten. Nur sieben Monate nach dem Rückerwerb der Anteile und Optionen vom vorherigen Investor KKR ermögliche die neue Partnerschaft "eine umfangreiche Rückführung von Verbindlichkeiten und über die kommenden Jahre Investitionen in die operativen Kernbereiche Sport, Digitalisierung und Internationalisierung", hieß es in einer Mitteilung. Tennor soll laut "Spiegel" zwei Sitze im Aufsichtsrat erhalten, aber keinen Einfluss auf sportliche Entscheidungen haben.

Wunderkind Windhorst

Geldgeber Windhorst hatte schon im Alter von 16 Jahren ein Unternehmen für Computerzubehör gegründet, aus dem ein Konzern wurde. Der heute 42-Jährige galt als Wunderkind und in den 1990er-Jahren als Vorzeige-Jungunternehmer der deutschen Wirtschaft. Später legte Windhorst zwei Insolvenzen hin, kam aber immer wieder auf die Beine. Seine Sapinda Holding wurde nach Firmenangaben 2009 mit dem Ziel gegründet, Kapital in speziell ausgesuchte Projekte in Europa, Afrika und Asien zu investieren. Vor einiger Zeit wurde Sapinda in Tennor unbenannt. Hauptsitz ist London.

Das Geschäft erhöhe Herthas Chancen, "mittelfristig in Reichweite internationaler Plätze zu kommen", sagte Preetz dem "Spiegel". Die Gremien stimmten dem "zeitlich unbegrenzten Eigenkapital-Investment" einstimmig zu. Großen Reichtum und Superstars wird es bei den Berlinern aber auch künftig zunächst nicht geben. Nach dem Rückkauf der KKR-Anteile ist der Club verschuldet und plant die im August beginnende Spielzeit mit einem im Liga-Vergleich eher durchschnittlichen Gesamtetat vom 140,6 Millionen Euro.

Weit entfernt von Rekorden

Branchenführer FC Bayern hatte 2014 den größten Investorendeal in der Bundesliga-Geschichte verkündet. Die Allianz AG – zugleich Namensgeber des Münchner Stadions – stieg mit 110 Millionen Euro beim Rekordmeister ein. Dafür bekam das Unternehmen allerdings nur 8,33 Prozent der Anteile an der FC Bayern AG, wie auch Adidas und Audi – und längst nicht so viel wie nun der Berliner Investor. Adidas hatte bei seinem Bayern-Anteile-Erwerb 2002 77 Millionen Euro bezahlt. Audi kam 2009 als zweiter Partner für 90 Millionen Euro hinzu. Bei den Bayern hält der Stammverein der Satzung entsprechend 75 Prozent der AG-Anteile. Borussia Dortmund brachte der Börsengang im Oktober 2000 bei der Erstemission einen Erlös von umgerechnet rund 138 Millionen Euro ein.

Im internationalen Vergleich sind die deutschen Investmentzahlen von Rekordmarken weit entfernt. Laut Medienberichten soll Scheich Mansour allein zwischen 2008 und 2018 1,4 Milliarden Euro bei Manchester City investiert haben. Auch die Investitionsvolumen von Roman Abramowitsch beim FC Chelsea oder den Geldgebern aus Katar bei Paris Saint-Germain bewegen sich wohl in diesem Rahmen. (APA, 27.6.2019)