Wien – Angesichts des bevorstehenden Rauchverbots in der Gastronomie schickten die Freiheitlichen im Parlament einen renitenten Abgeordneten nach dem anderen vor. Peter Wurm zum Beispiel, der in Richtung aller anderen Fraktionen festhielt: Es sehe so aus, "dass die Puritaner, die Pharisäer und die politisch Korrekten gewonnen" hätten. Maximilian Linder wiederum, selbst Wirt, hielt ÖVP, SPÖ, Neos und Liste Jetzt entgegen, dass nun noch mehr Gasthäusern der Tod bevorstünde – und die Betreiber, die überleben wollen, müssten nun investieren, um ihren Gästen im Freien – "bei Regen und bei Schnee" – das Rauchen zu ermöglichen.

Dankte der türkisen Altkanzlerpartei für ihr Einlenken beim Gastro-Rauchverbot:
SPÖ-Chefin und Medizinerin Pamela Rendi-Wagner.
Foto: APA / Roland Schlager

Doch weder blaue Schimpftiraden noch das Setzen auf die Mitleidsmasche zeigte Wirkung: Neben zig anderen Beschlüssen votierte der Nationalrat Dienstagmittag gegen die Stimmen der FPÖ und mit breiter Mehrheit für das Qualmverbot ab November, das Türkis-Blau vor Inkraftreten im Mai des Vorjahres gekippt hatte.

Ab dann ist das Anzünden von Zigaretten an allen öffentlichen Orten verboten, wo Speisen und Getränke hergestellt, verarbeitet, verabreicht oder konsumiert werden. Also auch bei Versammlungen in Pfarrsälen, bei Feuerwehrfesten und in Bierzelten sowie in schulischen Einrichtungen und auf Freiflächen, wo Kinder oder Jugendliche beaufsichtigt werden. Ebenfalls tabu: das Dampfen von Shishas und E-Zigaretten. Das bedeutet: Rauchern bleiben daher nur noch die Gastgärten.

Von sechzig auf null

Gabriela Schwarz von der Altkanzlerpartei ÖVP, die sich in Koalition mit der FPÖ zunächst keineswegs von knapp 900.000 Unterschriften für das Don't-smoke-Volksbegehren beeindrucken ließ, erklärte das Einschwenken ihrer Partei damit, dass sie selbst als ehemalige Kettenraucherin wisse, wie leicht der Einstieg beim Rauchen – etwa am Schulhof – sei und wie schwierig es wäre, von "60 Zigaretten auf null" zu kommen.

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner, Medizinerin und Ex-Gesundheitsministerin, proklamierte den 2. Juli 2019 als "politischen Freudentag" – und dankte den ÖVP-Abgeordneten für ihr Einlenken "und dass Sie Ihrer Verantwortung spät, aber doch noch nachkommen!" Nach 18 Monaten Ignoranz gebe es nun einen Beschluss, der die Gesundheit hunderttausender Österreicher verbessere.

Wolfgang Zanger von der FPÖ hingegen attestierte der ÖVP "ein Rückgrat wie ein Gartenschlauch" – zuerst hätten ihre Vertreter den Wirten mit der Registrierkassenpflicht zugesetzt, dann mit der Allergenverordnung und jetzt mit dem Rauchverbot.

Aus blauer Geiselhaft befreit

Doch auch Gerald Loacker von den Neos würdigte die ÖVP dafür, dass sie sich "aus der Geiselhaft der FPÖ" befreit habe. Und auch Daniela Holzinger von der Liste Jetzt gab sich erleichtert, denn: "Wir beseitigen eine der absurdesten Hinterlassenschaften der abgewählten rechtskonservativen Regierung!" Gesundheitsministerin Brigitte Zarfl, ebenfalls am Rednerpult, war erfreut über die breite Unterstützung für den Nichtraucherschutz.

Die blauen Abgeordneten hingegen schlossen ihre Reden mit Appellen an Wirte wie unverbesserliche Raucher, die in Gaststätten weiterqualmen wollen, am 29. September doch FPÖ zu wählen. (Nina Weißensteiner, 2.7.2019)