Der burgenländische Landeshauptmann Stv. Johann Tschürtz wirft mit "vaghalsigen" Zahlen um sich.

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Johann Tschürtz ist im burgenländischen Kleinen, was Herbert Kickl im republikweiten Großen war: der für die Sicherheit. Es hat also Gewicht, wenn der blaue Landeshauptmann-Stellvertreter und Sicherheitsreferent zu einer Pressekonferenz lädt. Deren Thema: "Neue Flüchtlingswelle im Anrollen – die Lage im Burgenland spitzt sich zu." Das ist, im Burgenland mehr noch als anderswo, ein sehr ernstes Thema. Zu frisch sind die Erinnerungen an 2015, als mit einem Mal 300.000 Menschen ins und durchs Burgenland wanderten.

Nun drohe nämliches Ungemach. Es sei so, dass im ersten Halbjahr des Vorjahres 906 Grenzgänger aufgegriffen wurden, während das heuer bereits 538 gewesen seien. Auf Nachfrage war schnell klar, dass die erste Zahl sich auf ganze Jahr 2018 beziehe. Allerdings warf der Kollege vom Kurier die Zahlen der Landespolizeidirektion, 449 (2018) und 451 (erstes Halbjahr 2019), in die daraus sich entsponnen habende Debatte, worauf diese sich in den statistischen Feinheiten zu verheddern drohte, denn nicht nur führt das Innenministerium Statistiken über Aufgriffe von Polizei und Assistenzsoldaten getrennt und gemeinsam, sondern auch von aufgegriffenen Asylwerbern und sonstigen illegalen Eingereisten wie die mit Aufenthaltsverbot Belegten.

Sie ist also hochkompliziert, die Sache mit Anrollen und Zuspitzen. Die vorläufig letzte, dem STANDARD aus dem Landessicherheitsressort zugänglich gemachte Ziffer ist die der Landespolizei. Die in der Pressekonferenz auch kolportierte Zahl von 413 aus dem Jahr 2018 beinhalte Illegale aller Schattierungen.

Worauf Tschürtz mit solchen Zahlenspielen hinauswollte – eine weise Kollegin nannte die mit feinem Wortwitz "vaghalsig" -, war klar: Der Balkan ist keineswegs geschlossen, das Mittelmeer offen. 30.000 warten in Bosnien nur darauf anzurollen. Und ja: Sie rollten schon. Nach Österreich. Das Handy sei auf den Fluchtrouten das Kommunikationsmittel Nummer eins. "Es hat sich rasch herumgesprochen, dass es keinen Innenminister Kickl mehr gibt." Es müsse darum "Koalitionsbedingung sein, dass die Freiheitlichen wieder das Innenressort besetzen". Ob das Herbert Kickl sein müsse? Das sei Sache des Bundesparteiomanns. Aber jedenfalls nicht die des Bundespräsidenten, dass dieser Kickl nicht angeloben wolle, sei "massiv unpassend".

Künftig brauche es "kulturnahe Städte" und "Asylanträge im Herkunftsland". Dass das nicht Botschaftsasyl und jenes "Resettlement" bedeute, von dem in Brüssel gesprochen wird, machte Tschürtz' Klubobmann Géza Molnár klar: "Nach Genfer Konvention wird praktisch niemand aus Asien oder Afrika Asyl kriegen."

Im Burgenland sei die Sache halb so wild. Dank Tschürtz. Der tue, was man im Bund nunmehr wieder verabsäume. Assistenzeinsatz passe noch. Polizei mit ihrer Grenzeinheit Puma wunderbar. Sogar "in Zügen präsent".

Was also die Zuspitzung sei, von der er einleitend geredet habe. "Zugespitzt" – so Tschürtz, so sich das der STANDARD korrekt sich gemerkt hat -, "das ist ein Wort, das, wenn man es so sagt, eh damit gemeint ist." (Wolfgang Weisgram, 10.7.2019)