Berliner Philharmoniker erwecken Pathétique

Mopcut lieben schönen Lärm

Tree können schrägen Jazz

Berliner Philharmoniker – Tschaikovsky

Für die Berliner Philharmoniker beginnt bald eine neue Ära. Kirill Petrenko übernimmt von Sir Simon Rattle, und bei Tschaikovskys 6. Symphonie ist es schon zu hören: Das Niveau wird nicht sinken, es wird das Analytische des Vorgängers um eine emotionale Facette bereichert werden. Eindrucksvoller dunkler Klang und eine gesanglich-legatomäßige Phrasierung geben dem Beginn Dringlichkeit. Die folgenden Tumulte glänzen durch Leichtigkeit, die aus Virtuosität erwächst. Das erste Konzert nach seiner Wahl zeigt, dass Petrenko Musik aufzuladen vermag, ohne sie gefühlig erscheinen zu lassen.

Mopcut – Accelerated Frames of Reference

Es klingt wie ein wilder Soundtrack zu einem heftigen Albtraum: Die Formation Mopcut, also Vokalistin Audrey Chen, Gitarrist Julien Desprez und Schlagzeuger Lukas König, legt ihre Geräuschideen intelligent strukturiert an. Das Vokale arbeitet mit einer Fantasiesprache, die Abstraktion mit Emotion verbindet. Extreme Soundwolken und komplexer Rhythmen verschmelzen mit der stimmlichen Exzentrik zu pulsierenden Energiefeldern. Zum Mitsingen gibt es eher wenig. Zum Aufhorchen jedoch einiges. Direktes Improvisieren schmückt sich effektvoll und kompromissfrei mit Noisefantasien.

Tree – Between a Rock and a Hard Place

Jazzmusiker wollen mitunter doch vor der Geschichte bestehen, die ihnen eine Menge gewichtiger Aufnahmen vor die Nase hält. Niemand will Plagiator sein. Das Klaviertrio etwa ist an sich durch große Namen belastet, Tree jedoch zeigen mit Between a Rock and a Hard Place, dass Individualität nach wie vor interessante Ergebnisse zeitigen kann. Pianist Georg Vogel, Bassist Andreas Waelti und Schlagzeuger Michael Prowaznik fusionieren Intensität und Komplexität. Harmonische Eigenwilligkeit und eine immer neben der Konvention agierende Groove geben dem Trio markante Ausstrahlung. (Ljubisa Tosic, 6.8.2019)