Zumindest eine PV-Anlage sollte auf jedem öffentlichen Gebäude in Österreich installiert werden, fordert Ex-Nachhaltigkeitsministerin Elisabeth Köstinger. Der öffentliche Sektor sollte als erster CO2-neutral werden. Kritiker zweifeln daran, dass dies mit den vorgeschlagenen Maßnahmen gelingt.

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Wien – Während die Energiesprecher der Parteien noch um eine mehrheitsfähige Grundlage für eine Novelle zum alten Ökostromgesetz noch vor den Wahlen im September ringen, ließ Ex-Nachhaltigkeitsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) Freitagfrüh im Ö1-"Morgenjournal" mit einer Ansage aufhorchen. Die ÖVP möchte, sofern sie ab Herbst wieder in die Regierung komme, alle Bundesgebäude mit Solaranlagen ausstatten. Die Politik müsse "mit gutem Beispiel vorangehen und sicherstellen, dass die öffentliche Verwaltung als erster Sektor CO2-neutral wird", sagte sie.

An der Seriosität dieser Ansage gibt es erhebliche Zweifel. Umweltökonom Stefan Schleicher spricht nach einem Faktencheck von einer Energie- und Klimapolitik, die nur "symbolisch" sei, vergleichbar mit der "Wasserstoff-Initiative", die Exkanzler Sebastian Kurz (VP) Anfang Juli lanciert hat.

2000 Gebäude der Bundesimmobiliengesellschaft

Der Bund verfüge über insgesamt rund 2.000 Gebäude mit einem Gesamtenergieverbrauch von 1.260 Gigawattstunden (GWh) und Energiekosten von gut 108 Millionen Euro pro Jahr. Auf vielen dieser Gebäude sollte zumindest eine Fotovoltaikanlage errichtet werden, regte Köstinger an. Man gehe von Kosten von rund 75 Millionen Euro für 1.500 Anlagen aus.

Die Rechnung von Schleicher geht nun so: Pro Kilowattpeak (kWp) installierter Leistung werden pro Jahr 1.000 Kilowattstunden (kWh) Strom erzeugt. Nach Angaben des Interessenverbands PV Austria betragen die Gesamtkosten pro kWp installierte Leistung derzeit rund 2.000 Euro. Damit ergibt sich bei den vorgeschlagenen Investitionskosten von 75 Millionen Euro und 1.500 Anlagen eine durchschnittliche installierte Leistung je Anlage von 25 kWp. Je Anlage könnten somit 25.000 kWh erzeugt werden. Bei 1.500 Anlagen sind das 37.500.000 kWh oder 37,5 GWh.

Vorgeschlagenes Programm reicht nicht

Das vorgeschlagene Investitionsprogramm für PV-Anlagen reiche aber bei weitem nicht, um die angestrebte CO2-Neutralität im öffentlichen Sektor herzustellen, sagt Schleicher. Damit würden nur rund drei Prozent des derzeitigen Verbrauchs von Elektrizität in öffentlichen Gebäuden abgedeckt (37,5 GWh von 1.260 GWh).

Mehr noch als Elektrizität würden in öffentlichen Gebäuden aber andere Energieträger verwendet, davon mehrheitlich fossile wie Öl und Gas. Ein Investitionsprogramm für Fotovoltaik-Anlagen im öffentlichen Sektor sei zwar "ein Schritt in Richtung einer anzustrebenden Transformation des Energiesystems, aber noch weit weg vom Anspruch, diesen Sektor CO2-neutral zumachen", sagt der Umweltökonom. (stro, 9.8.2019)