Foto: DER STANDARD

Pro
von Franziska Zoidl

Urlaubsgrüße aus Caorle, Santorin, New York, Bad Aussee. Geschliffene Worte in geschwungener Schrift oder nur das Nötigste, schnell hingekritzelt. Ja, sogar Ansichtskarten, auf deren Rückseite statt eines Texts eine Zeichnung angefertigt wurde, haben mich in den letzten 30 Jahren erreicht.

Warum ich das weiß? Ich habe sie alle in einer Schuhschachtel bei mir zu Hause aufbewahrt. Manchmal öffne ich die Schachtel, erinnere mich an Menschen, die aus meinem Leben verschwunden sind, denke an Orte, die ich gerne sehen würde, und lache über kitschige – und mittlerweile vergilbte – Sonnenuntergänge, die ich schon aus der ganzen Welt bekommen habe.

Sich im Urlaub kurz Zeit zu nehmen, um jenen eine Ansichtskarte zu schreiben, die sich selbst die Mühe gemacht haben, ist das Mindeste, was man tun kann. Meine Ansichtskarten sind persönlich und individuell, fade Infos zu Essen und Wetter fehlen genauso wie Sonnenuntergänge. Vielleicht werde ich ja auch in 30 Jahren noch gelesen.

Kontra
von Michael Steingruber

Jedes Jahr das Gleiche. In einem euphorischen Moment des Urlaubsglücks kauft man am Strandkiosk einen ganzen Haufen Ansichtskarten, die man den Eltern, Geschwistern, Freunden, Arbeitskollegen, entfernten Verwandten und flüchtigen Bekanntschaften schicken will.

Doch erst mal geht man an den Strand, besucht Sehenswürdigkeiten, kostet sich durch die lokale Küche und liest Bücher – alles begleitet vom immer leiser werdenden Gedanken: "Die Karten schreibe ich später!"

Und plötzlich ist der Abreisetag gekommen, die Karten liegen noch immer unbeschriftet im Hotelzimmer. Für persönliche Botschaften bleibt jetzt keine Zeit mehr.

Jeder bekommt die gleiche: "Das Wetter ist schön, das Essen gut. Liebe Grüße!" Es folgt die mühsame Suche nach Briefmarken und -kasten. Kurz vor der Abreise hat man doch noch alles geschafft, die Entspannung ist aber dahin, und man schwört sich, nie wieder Ansichtskarten zu verschicken. Bis zum nächsten Urlaub ... (RONDO, 30.8.2019)