Blick in die Musterwohnung im Haring-Projekt für Union Investment, Wien 22, Erzherzog-Karl-Straße.

Foto: Putschögl

Viele Menschen, die in den letzten Jahren in Wien eine Wohnung gesucht (und hoffentlich auch gefunden) haben, kennen unbefristete Mietverträge nur noch vom Hörensagen oder von Erzählungen von früher. Beinahe selbstverständlich haben Sie von Ihrem Vermieter nur einen befristeten Mietvertrag bekommen, der manchmal auf drei, meistens auf fünf, hie und da auch auf zehn Jahre abgeschlossen wurde. Das traf zumindest auf die allermeisten Mieter von Wohnungen in Nachkriegsbauten mit privaten, gewerblichen Eigentümern zu.

Der Grund ist einfach erklärt: Anders als im Altbau (" Befristungsabschlag") müssen Vermieter im (frei finanzierten) Neubau keinerlei Einbußen finanzieller oder sonstiger Natur hinnehmen, wenn sie befristet vermieten. Ganz im Gegenteil, die Befristung bringt nur Vorteile: Beim starken Kündigungsschutz des heimischen Mietrechts bekommt man einen Mieter, der kaum noch Miete zahlt oder sich anderweitig unerwünscht verhält, spätestens mit dem Zeitablauf des Mietvertrags ganz sicher aus der Wohnung.

Möglicher Eigenbedarf

Bei privaten Eigentümern, etwa Vorsorgewohnungskäufern, ist eine Befristung unter diesen Rahmenbedingungen nur verständlich. Ihnen wird heute in aller Regel nicht zuletzt von ihren Maklern dringend empfohlen, nur befristet zu vermieten. Viele von ihnen benötigen die Wohnung möglicherweise in einigen Jahren auch selbst oder für Angehörige, oder wollen sich dies jedenfalls mit einem unbefristeten Mietvertrag nicht verbauen.

Institutionelle Investoren aber, die in Wien immer öfter ganze Wohnprojekte kaufen, können möglichen Eigenbedarf eher schlecht ins Treffen führen. Und dennoch vermieten auch sie in aller Regel nur noch befristet. Etwa die Buwog, wenn sie Wohnungen nicht einzeln verkauft, sondern im eigenen Bestand hält. Die gerade fertiggestellten Wohnungen im "SeeSee Tower" in der Seestadt Aspern werden etwa mit zehnjähriger Befristung angeboten. Direkt daneben vermietet die fair-finance Vorsorgekasse die Wohnungen im "Living Garden"-Projekt für sieben Jahre, ein paar Meter weiter sind die Mietwohnungen im Projekt "Lakeside" der Erste Immo KAG mit fünf Jahren Befristung zu haben, das alles natürlich zu Marktpreisen. Und ebenfalls im 22. Bezirk, an der Erzherzog-Karl-Straße, stellt die Haring Group gerade 143 Wohneinheiten für die deutsche Union Investment fertig. Hier wird die Befristung auf Wunsch des Investors zehn Jahre betragen. Warum, erklärt ein Sprecher der Immobilienfondsgesellschaft auf Anfrage des STANDARD ganz offen: Man wolle nach den zehn Jahren "vom prognostizierten Mietpreiswachstum am Standort profitieren". Während des laufenden Vertrags kann die Miete jedes Jahr nur an den Verbraucherpreisindex angepasst werden; ein neuer Mietvertragsabschluss ermöglicht eine neue Miethöhe.

Eingriffe geplant

Mieterschützern wie etwa bei der Arbeiterkammer ist das schon lange ein Dorn im Auge, und auch zwei im Nationalrat vertretene Parteien wurden im Frühjahr aktiv. SPÖ und Liste Jetzt brachten einen Antrag ein, der eine ähnlich strenge Regelung wie in Deutschland vorsieht: Befristungen nur bei Eigenbedarf oder einer bevorstehenden Sanierung. Damit will man vor allem institutionelle Investoren dazu bringen, wieder unbefristet zu vermieten. (Martin Putschögl, 15.8.2019)