Greenpeace hat die ersten Klimaklagen in Österreich präsentiert: Gemeinsam mit der Rechtsanwältin Michaela Krömer und drei weiteren Klägern – darunter die Autorin Chris Lohner – will die NGO rechtlich gegen als klimaschädlich eingeschätzte Bestimmungen, wie etwa die Tempo-140-Verordnung, vorgehen. Ende Dezember sollen sie beim Verfassungsgerichtshof einbracht werden.

"Mit der Klimaklage wollen wir unser Recht auf eine lebenswerte Zukunft in Österreich einfordern. Die Politik ist nicht bereit, die Österreicher ausreichend vor der Klimakrise zu schützen. Darum beschreiten wir jetzt erstmals den Rechtsweg. Wir beantragen beim Verfassungsgerichtshof, klimaschädliche Gesetze aufzuheben oder den Gesetzgeber zu beauftragen, diese Gesetze zu reparieren", erklärte Alexander Egit, Geschäftsführer von Greenpeace, am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in Wien. An der Klage beteiligen sich neben Lohner auch Adamah-Biohof-Gründer Gerhard Zoubek und die Fridays-for-Future-Aktivistin Veronika Winter.

Wollen gegen klimaschädliche Gesetze klagen: Veronika Winter (Fridays for Future), Alexander Egit (Greenpeace), Chris Lohner (Schauspielerin), Gerhard Zoubek (Biobauer) und Michaela Kröner (Anwältin).
Foto: APA/HERBERT PFARRHOFER

Erste Klage gegen Tempo 140

Da es in Österreich keine gesetzlich verpflichtende Klimastrategie gibt, die man einklagen könnte, wählte Greenpeace einen anderen Weg: Mit einzelnen Klagen werden konkrete Gesetze angegriffen. Eine erste Klage richtet sich etwa gegen die Tempo-140-Verordnung. "Tempo 140 ist ein Sinnbild für politisches Totalversagen in Zeiten der Klimakrise. Im heimischen Verkehr sind die Emissionen seit den 1990er-Jahren um 70 Prozent gestiegen. Daher ist eine klimaschädliche Tempo-140-Verordnung völlig unverantwortlich", unterstrich Egit. Ebenfalls im Dezember wird auch eine Individualklage gegen die Ungleichbehandlung von Bahn- und Flugverkehr eingebracht.

Für Krömer ist die Klage jedenfalls gerechtfertigt: "Der Staat ist verpflichtet, unsere Grundrechte wie das Recht auf Leben, auf unversehrtes Eigentum, auf Gesundheit zu schützen. Diese Pflicht beinhaltet auch, dass er passende Gesetze und Verwaltungsmaßnahmen treffen muss, damit diese Rechte geschützt sind. Jedoch passiert teilweise genau das Gegenteil: Derzeit gelten in Österreich Regelungen, die dazu führen, dass Emissionen steigen. Diese Treibhausgase befeuern die Klimakrise und schaden uns Menschen."

Rückenwind bekommt das Anliegen vom renommierten Verfassungsjuristen Heinz Mayer: "Die Klimakrise ist ein dringender Grund, zu hinterfragen, ob die Rechtslage in Österreich ausreichend Schutz vor den Folgen der Erderhitzung bietet. Wir betreten damit juristisches Neuland, und ich blicke dem gespannt entgegen", meinte er in einem schriftlichen Statement.

Klimaklagen bisher vor allem in den USA

Bisher waren Klimaklagen vor allem im angelsächsischen Raum, wo das Common Law angewandt wird, bekannt. In den USA klagten etwa mehrere Städte Ölunternehmen mit der Begründung, die Konzerne seien mit ihren Emissionen für mehr Extremwetterereignisse verantwortlich.

Seit kurzem machen Klimaklagen auch in Festlandeuropa Schule. Vergangenes Jahr klagten etwa in Deutschland mehrere Biobauern zusammen mit Greenpeace den deutschen Staat, da sie der Ansicht waren, dass die Nichteinhaltung von Emissionszielen gegen das deutsche Grundrecht verstoße. (APA, red, 29.8.2019)