Der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer rang um Worte, um zu erklären, warum Neuwahlen für ihn "das Beste für das Land" seien.

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So schwer um Worte ringen sah man ihn noch selten. Es hatte den Anschein, als sei auch er nicht ganz davon überzeugt, was er den Medienleuten letzte Woche mühsam zu erklären versucht hat – dass nämlich Neuwahlen in der Steiermark "das Beste für das Land" seien.

Mit seiner letztlich doch riskanten Entscheidung, dem Wunsch der FPÖ nach Neuwahlen im November entgegenzukommen, statt regulär im Mai 2020 zu wählen, hat der steirische ÖVP-Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer jedenfalls einige Irritationen ausgelöst. Teilweise auch innerhalb seiner Partei.

Das liegt vor allem daran, dass Schützenhöfer bisher keine schlüssige Erzählung dafür, warum die Steiermark früher wählen sollte, liefern konnte. Das Bemühen, den Brexit, die globale Wirtschaftssituation oder die italienische Politik als Erklärmuster für vorgezogene Wahlen heranzuziehen, schien denn doch weit hergeholt.

Mit FPÖ koordiniert?

Zudem: Noch an dem Tag, als er die Neuwahldebatte auslöste, hob er in einem ORF-"Sommergespräch" lobend hervor, wie optimal die Koalition mit der SPÖ funktioniere. Wenig später sprach der Landeshauptmann von einer "völlig neuen Situation", nachdem die Oppositionspartei FPÖ einen Neuwahlantrag angekündigt hatte. Umgehend kursierten Spekulationen, Schützenhöfer habe die Neuwahl mit der FPÖ koordiniert.

Schützenhöfer ist schon länger ein Getriebener. Seit im Bund Sebastian Kurz die ÖVP in lichte Höhen geführt hat, wuchs in der steirischen Partei der Wunsch, vom Hype zu profitieren und diesen für vorgezogene Landtagswahlen zu nutzen. Landesparteichef Schützenhöfer zögerte aber immer wieder. Er war dem sehr engen und bis zur Selbstaufgabe treuen Koalitionspartner SPÖ im Wort, bis zum regulären Wahltermin im Mai 2020 weiterzuarbeiten. Er konnte mit der SPÖ immer gut. Immerhin hatte ihm sein ehemaliger roter Regierungspartner Franz Voves freiwillig den Landeshauptmannsessel überlassen.

Höhenflug eingebremst

Jetzt aber, nachdem sich der Höhenflug der ÖVP im Bund eingebremst hatte, sahen Schützenhöfer und Kurz, der letzte Woche in Graz war, ganz offensichtlich die letzte Möglichkeit, den guten Move zu nutzen. SPÖ hin oder her. Politikberater Thomas Hofer meint, "man merkte, dass Schützenhöfer unsicher gewirkt hat. Er wollte ganz offensichtlich noch bei gutem Wind eine Entscheidung herbeiführen."

Der Blick von Kurz und Schützenhöfer sei natürlich auch auf die Zeit nach der Nationalratswahl Ende September und den Koalitionsverhandlungen danach gerichtet. Denn wie immer die nächste Regierung zusammengesetzt sein wird: Ein Teil der ÖVP wird verärgert sein. "Einer will eher in Richtung Grün gehen, der andere Teil will bei der FPÖ bleiben", sagt Hofer, "das könnte sich, muss die ÖVP fürchten, bei einer Maiwahl niederschlagen."

"Zweifler und Grübler"

Dass Schützenhöfer aber überhaupt diese große, nicht ungefährliche Entscheidung getroffen hat, ist für den ÖVP-Chef recht untypisch. Schützenhöfer ist eher ein – wie er sich auch selbst charakterisiert – "Zweifler und Grübler". "Die Neuwahlgeschichte entspricht tatsächlich nicht ganz seinem Naturell, sondern eher Sebastian Kurz", sagt Hofer.

Landesintern kommt noch eine weitere Facette zum Tragen: das Leitspital Liezen, das einzig große Koalitionsprojekt dieser Legislaturperiode. In diesem Bezirk sollen drei Spitäler geschlossen und ein neues um 250 Millionen Euro errichtet werden. Es regt sich dort erheblicher Widerstand.

Dem zuständigen ÖVP-Landesrat Christopher Drexler ist es nicht gelungen, Akzeptanz für das Spitalsprojekt zu finden. Die Debatte um dieses Leitprojekt hätte ohne Zweifel die Wahlen im Mai erheblich überlagert – zuungunsten der dafür verantwortlichen ÖVP. Auch darum dürfte Hermann Schützenhöfer jetzt die Notbremse gezogen und vorverlegte Wahlen ausgerufen haben. (Walter Müller, 2.9.2019)