Landeshauptmann Schützenhöfer hatte am Wochenende mitgeteilt, dass die ÖVP eine Sondersitzung zur Auflösung des Landtages beantragen werde.

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Graz – Der steirische Landtag hat in einer Sondersitzung am Donnerstagvormittag seine vorzeitige Auflösung beschlossen. Mit den Stimmen von ÖVP, FPÖ und Grünen wurde der Weg zur Neuwahl freigemacht. SPÖ und KPÖ stimmten dagegen. Statt regulär Ende Mai 2020, wird in der Steiermark am 24. November gewählt.

Dem Votum im Landtag war eine hitzige Debatte vorangegangen. Der stellvertretende Landeshauptmann Michael Schickhofer (SPÖ) hielt Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) vor, "das Wohl der Partei über das der Steiermark" zu stellen. Was in der Landtagssitzung abermals fehlte, war eine gewisse Erhellung, eine wirklich stringente Begründung, warum die Steiermark statt im Mai 2020 bereits im November 2019 wählen soll.

Schützenhöfer versuchte SPÖ-Chef Schickhofer zu beruhigen.
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Der ÖVP-Landeshauptmann, der zur Überraschung seines Koalitionspartners SPÖ dem Antrag der FPÖ nach Neuwahlen gefolgt war, bemühte sich noch einmal, Argumente für eine Vorverlegung zu formulieren und Vorwürfen zu begegnen, er wolle nur wegen der sehr guten Umfragen für die ÖVP rasch wählen – ehe sich womöglich bis zum Mai 2020 der Wind dreht.

"Am Horizont drohen Gewitterwolken, die Konjunktur trübt sich ein, Handelskriege, Deutschland beginnt zu schwächeln: Wir dürfen keine Zeit verlieren. Deshalb haben wir gesagt, wir wollen den Wahltermin um ein paar Monate verlegen, damit wir keinen Dauerwahlkampf haben. Das ist das Beste im Land", sagte Schützenhöfer.

Schützenhöfer: Für mich ist die Koalition nicht beendet

Der ÖVP-Chef weiß natürlich, dass er nach der Wahl die SPÖ als möglichen Koalitionspartner im Spiel lassen muss. Daher streute er den Roten Rosen. Schön sei die Zusammenarbeit gewesen. "Unsere Reform- und Zukunftspartnerschaft hat sehr gute Arbeit geleistet, wir haben vertrauensvoll zusammengearbeitet. Ich hätte gern, dass trotz Wahlkampfs die vertrauensvolle Zusammenarbeit auch in der Zukunft weitergeht. Für mich ist die Koalition nicht beendet. Ich bin bereit, die Zusammenarbeit fortzusetzen."

Der steirische Sonderlandtag begann am Donnerstag mit harten Tönen von Schickhofer gegenüber der ÖVP.
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Der vor die Tür gesetzte Schickhofer zeigte Schützenhöfer, dem er Wortbruch vorwirft, aber beleidigt die kalte Schulter. Nach dem, was passiert sei, nach diesem Vertrauensbruch – SPÖ und ÖVP hatten den Wahltermin 2020 paktiert – will der SPÖ-Chef jetzt Schützenhöfer als Landeshauptmann ablösen.

SPÖ will Generationswechsel

"Die Steiermark braucht einen Wechsel an der Spitze, einen Generationswechsel und frischen Wind. Ich trete an, die Nummer eins im Land zu werden. Es wird eine Wahl zwischen gestern und morgen", spielte Schickhofer mit Pathos in der Stimme auf den Altersunterschied an. Schützenhöfer ist 67, Schickhofer 39 Jahre alt.

"Lieber Hermann", sagte Schickhofer, "ich bin um einige Jahre jünger als du, meine Eltern haben mir Werte mitgegeben. Den Wert der Verlässlichkeit, der Ehrlichkeit und Handschlagqualität. Ich sehe es als unsere Aufgabe in der Landesregierung, ein Vorbild für unsere Kinder und Jugendlichen zu sein."

FPÖ und Grüne freuen sich über Neuwahl

Der ursprüngliche Antrag kam vor eineinhalb Wochen von der FPÖ, der eigentliche Antrag wurde dann am Wochenende von der ÖVP eingebracht. Die FPÖ bezeichnete die Neuwahl-Entscheidung als richtig. Deren Klubchef Mario Kunasek sagte: "Aus meiner Sicht beginnt ein guter Tag mit der Beendigung einer zerrütteten Partnerschaft."

Auch die Grünen sind über den Koalitionsbruch begeistert. Sie wollen die Gunst der Stunde nutzen und wie im Bundesparlament ein Spiel der freien Kräfte starten. "Jetzt finden sich plötzlich Mehrheiten im Landtag, die bisher an der beharrlichen Verweigerung der ÖVP gescheitert sind – das ist eine Chance", sagte Grünen-Landtagspolitikerin Sandra Krautwaschl.

FPÖ-Klubchef Mario Kunasek hatte auf Neuwahlen gedrängt.
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Wahlkampfkosten-Obergrenze einstimmig beschlossen

Der Zeitpunkt hätte günstiger nicht sein können: Während sich in der Bundespolitik die türkise ÖVP für die Überschreitungen der Wahlkampfkostenobergrenzen andauernder Kritik ausgesetzt sieht, will sich die "schwarze" ÖVP in der Steiermark jetzt vorbildlich in Bescheidenheit üben.

Einstimmig beschlossen wurde eine Wahlkampfkosten-Obergrenze von einer Million Euro pro Partei. Details müssen kommende Woche noch verhandelt werden, damit die Regelung bereits für den Wahlkampf im November gilt. Beantragt hatten die Obergrenze SPÖ, FPÖ, Grüne und KPÖ, beim Beschluss ging dann auch die ÖVP mit. Es müsse vermieden werden, dass es, wie offenbar auf Bundesebene, noch mögliche Umgehungen gebe, sagten ÖVP und FPÖ.

Die Ausgangslage: SPÖ 2015 trotz Verlusten stärkste Partei

Bei der Landtagswahl am 31. Mai 2015 hatten die Regierungsparteien SPÖ und ÖVP starke Verluste eingefahren. Die SPÖ kam mit 29,29 Prozent dennoch auf Platz eins, fünf Jahre zuvor waren es noch 38,26 Prozent gewesen. Die ÖVP fiel von 37,19 auf 28,45 Prozent.

Obwohl die SPÖ stärkste Partei geblieben war, kündigte der damalige SPÖ-Landeshauptmann Franz Voves seinen Rücktritt an. Er übergab dem damaligen ÖVP-Landeshauptmann-Stellvertreter Schützenhöfer die Regierungsspitze.

Starke Zugewinne hatte es bei der Landtagswahl 2015 für die FPÖ gegeben. Die Freiheitlichen steigerten sich von 10,66 auf 26,76 Prozent. Die Grünen lagen bei 6,68 Prozent, die KPÖ schaffte, im Gegensatz zu den Neos, gerade noch den Einzug. (Walter Müller, red, APA, 5.9.2019)

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