Was es derzeit fast nicht gibt, soll es jetzt sicher nicht mehr in Kindergärten und Volksschulen geben: Das Bildungsministerium gibt Tipps für die richtige Umsetzung des Kopftuchverbots.

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Keine Ruhe im Kopftuchstreit: Während das Verbot der türkis-blauen Regierung an Kindergärten und Volksschulen bereits umgesetzt ist, sinniert ÖVP-Chef Sebastian Kurz bereits über eine Ausweitung desselben: Auch Unterstufenschülerinnen und Lehrerinnen solle das Tragen eines Kopftuchs künftig verboten sein. Wahlkampf ist.

In der Zwischenzeit ist Bildungsministerin Iris Rauskala damit beschäftigt, den Schulen, die heuer erstmals mit dem Verbot arbeiten müssen, bei dessen Umsetzung behilflich zu sein. In einem Rundschreiben an Schulen und Bildungsdirektionen wird erklärt, wie Paragraf 43a, Absatz 1 des Schulunterrichtsgesetzes mit Leben erfüllt werden soll. Zur Erinnerung: Dort hat man sich, um verfassungsrechtliche Schwierigkeiten tunlichst zu vermeiden, auf folgende Umschreibung geeinigt: Untersagt ist "das Tragen weltanschaulich oder religiös geprägter Bekleidung, mit der eine Verhüllung des Hauptes verbunden ist". So weit, so unklar.

Im Ausmaß eines Rollkragens

Wie eine solche Regelung umzusetzen ist? Was den "Tatbestand" der Verhüllung des Haupts anlangt, könnte die Beweisführung für Lehrkräfte etwas kompliziert werden. In dem Rundschreiben der Bildungsministerin wird runterdekliniert: "Eine vollständige Verhüllung des Kopfes liegt jedenfalls dann vor, wenn der Kopf so verhüllt wird, dass das Haupthaar nicht mehr zu sehen ist" – "auch wenn einzelne Haarsträhnen oder der Haaransatz noch zu sehen sind". Für die Prüfung anderer Kopfbedeckungen könnte es nötig sein, ein Maßband zurate zu ziehen. Um keine vollständige Verhüllung handle es sich nämlich, "wenn die Haare vom Ansatz weg deutlich zu erkennen und in der Länge von zumindest einer Handbreite zu sehen sind". Fix ist: Stirn und Nacken, Kinn und Hals müssen "im Ausmaß eines Rollkragenpullovers" frei sein. Und damit es keine Irrtümer gibt: Verbände oder Kopfbedeckungen aus Witterungsgründen seien damit nicht gemeint.

Falsches Kontrollorgan

Was die "weltanschaulich oder religiös geprägte Bekleidung" anlangt, erklärt das Ministerium: Hier komme es "nicht auf die persönliche Absicht des Trägers an". Entscheidend sei, "wie diese von Dritten rezipiert wird".

Pflichtschullehrergewerkschafter Thomas Bulant (FSG) wundert sich, dass es für ein Thema, zu dem selbst die Ministerin keine nennenswerten Zahlen vorlegen kann, eine so detaillierte Umsetzungsstrategie gibt. Davon, Lehrkräfte mit der Kontrolle von Kopftüchern zu belasten, hält er wenig.

Nullthema

In den Bundesländern sind die entsprechenden Landesgesetze für das Kopftuchverbot längst angepasst. Die Begeisterung darüber ist enden wollend. Ob in Tirol, Salzburg, Kärnten oder Wien, egal wo der STANDARD nachfragt, die erste Feststellung lautet: Das Kopftuch ist eigentlich kein Thema. Beispiel Wien: Mit weniger als einem Fall pro Jahr sei dieses Problem in den Kindergärten auch de facto nicht vorhanden, heißt es im Büro des zuständigen Stadtrates Jürgen Czernohorszky. Im Fall des Falles werde auf klärende Gespräche gesetzt. Das habe auch bisher ausgereicht. Ein Vorgehen, auf das man nun auch in den Volksschulen setzen will. Strafen sind allerdings möglich. Wie in Tirol, Kärnten und Salzburg wären das in letzter Konsequenz 110 Euro. In Salzburg wird das als die niedrigstmögliche Summe beschrieben. Subtext: Lieber hätte man gar keine, aber, heißt es, damit sei "dem Gesetz Genüge getan".

Ähnlich agiert Kärnten. Bevor es zu Sanktionen komme, würde es eine Reihe von Gesprächen geben. Die Zahl der Fälle, in denen man mit den Eltern zu keiner Lösung gefunden hat: null.

Einen wichtigen Tipp gibt das Ministerium allen Pädagoginnen und Pädagogen auf den Weg mit. Wer die verpflichtende Meldung eines Falles unterlässt, dem drohen rechtliche Konsequenzen – Amtsmissbrauch. Daher wird geraten, "aus Gründen der Vorsicht im Zweifelsfall jedenfalls eine Meldung zu erstatten". (Peter Mayr, Karin Riss, 6.9.2019)