Sebastian Kurz wünscht sich eine ordentliche Mitte-rechts-Politik. Das stellte er am Mittwochabend im ORF noch einmal klar. Bloß mit wem? Mit der FPÖ von Norbert Hofer oder mit der FPÖ von Herbert Kickl? Oder ist da vielleicht gar kein Unterschied? Kurz und Hofer verstanden sich in ihrem TV-Duell zwar bestens, das Angebot, das Kurz Hofer unterbreitete, war aber heimtückisch: Sollte es Hofer gelingen, sich von den rechtsextremen Schmutzfinken in den eigenen Reihen zu trennen, könne er wieder mit dabei sein in einer Koalition.

Und wie soll das gelingen? Dann wäre die FPÖ nicht mehr die FPÖ. Diese Ahnung hat Kurz wohl längst beschlichen, so naiv ist er nicht.

Eine neuerliche Koalition mit der FPÖ kann Kurz nicht wirklich wollen. Türkis-Blau haftet ein sehr negatives Image an. Kurz will diese Koalition nicht ständig verteidigen müssen und dieses Problem durch eine Legislaturperiode schleppen. Eine Neuauflage von Türkis-Blau nach der Ibiza-Affäre lässt sich im Inland kaum argumentieren, im Ausland würde das niemand verstehen. Und was das Ausland sagt, ist Kurz nicht ganz egal. Auf sein Image ist er sehr bedacht.

Wahlplakate der Neos, Grünen und der ÖVP.
Foto: APA/BARBARA GINDL

Also ÖVP-SPÖ? Jeder, der die ÖVP kennt, und jeder, der die SPÖ kennt, wird einräumen müssen: Geht nicht. Die beiden Parteien, von den führenden Proponenten bis zu den kleinen Funktionären, sind einander zutiefst abgeneigt, um nicht das starke Wort hassen zu benützen. Auch wenn SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner sagt, sie würde den Pragmatismus über alle Emotion stellen – neu regieren sähe jedenfalls anders aus. Da herrschen noch die alten Vorbehalte vor, die sind zu viele alte Rechnungen offen.

Machtausgleich

Also warum nicht Türkis-Grün-Pink? Das ist auch nicht komplizierter als eine Koalition zweier Partner, die einander nicht trauen, einander nicht mögen, einander belauern und nur darauf warten, dass der andere einen Fehler begeht.

Eine Koalition mit Grünen und Neos wäre neu und frisch, ein bisschen gewagt, man möchte sagen: modern. Das müsste auch Kurz gefallen. Der Machtausgleich innerhalb einer Dreierkoalition müsste einfacher zu bewerkstelligen sein als zu zweit, die Abstimmung wäre zwar aufwendiger, aber das sollte zu bewältigen sein.

Es gibt eine Schnittmenge zwischen ÖVP, Grünen und Neos. Bei allen Differenzen, die es auch gibt, das könnte gehen. Und ein bisschen Neos und Grün tut der ÖVP jedenfalls gut. Diese Konstellation sollte auch dem Land guttun, wenn sich in der Koalition jene Kräfte finden, die konstruktiv etwas voranbringen statt einander bremsen wollen.

Wenn diese Parteien zueinanderfinden, ihr Bestes einbringen und einander auch Korrektiv sind, sollte eine vernünftige Klimapolitik möglich sein, eine bessere Bildungspolitik, ein effizienterer Bürokratieabbau, eine wirkungsvolle und gerechtere Steuerpolitik und letztlich weniger Bevormundung durch den Staat. Ein Kompromiss in der Migrationspolitik täte allen gut. Und wenn die ÖVP in ihrer Inszenierungswut gebremst wird, wird es auch gut sein. (Michael Völker, 13.9.2019)