Die Transformation soll bei Metro aus der Belegschaft kommen. Die Firma soll sich über den Nachwuchs als Hebelkräfte verändern.

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Schafft es ein großes Unternehmen mit großer gewachsener Tradition in einer auf den ersten Blick nicht top-sexy Branche, auch zu denken und zu agieren wie ein Speedboot statt nur wie ein Frachtschiff?

Elke Berger, Personaldirektorin und als solche Mitglied der Geschäftsführung bei Metro Cash & Carry, Großmarktkette mit zwölf Märkten und zusammen rund 2000 Mitarbeitern in Österreich, sagt klar Ja. Und geht es unkonventionell und mutig, abseits bekannter Führungskräfteseminare zur Agilität an. Nämlich "bottom-up". Transformation soll aus der Belegschaft kommen, die Firma soll sich über den Nachwuchs als Hebelkräfte verändern. Klingt gut und einleuchtend. Wer allerdings je in einem "Frachtschiff" gearbeitet hat, weiß: Das wird kein Spaziergang. Das ist auch anstrengend und verstörend, stellt jahrelang Eingeübtes infrage, rüttelt am Etablierten.

Warum macht die Personalistin das? "Wir sind seit 50 Jahren erfolgreich am Markt, jetzt geht es in die nächsten 50 Jahre", so Elke Berger. Es müssten Brücken in die Zukunft immer wieder neu geschlagen werden. Diverse Teams, Multigenerationenarbeit und die Ansprüche der Jungen an eine wirklichen, möglichst gut selbstgewählten Balance zwischen Arbeit und Privatleben sind neben notwendiger Weiterentwicklung des Geschäftsmodells die Treiber.

Schlagwort: Mindset

Denn: Nur eine breite Palette an (Gastro-)Lebensmitteln und Zubehör in sehr großen Gebinden, das ist Metro längst nicht mehr. Wie bei eigentlich allen Unternehmen geht es um Lösungen für Kunden, von Innovationen in Logistik über Zustellung bis Service – etwa der Gestaltung von Websites für Gastronomen bis zu Kooperationen mit Partnern, die in der Dienstleistung der Metro-Kunden agieren. Da ist vieles bereits da, vieles im Gange. Jetzt geht es von innen nach außen, um Organisations- und Personalentwicklung. "Mindset" ist auch hier das Schlagwort.

Elke Berger ist Personaldirektorin und als solche Mitglied der Geschäftsführung bei Metro Cash & Carry.
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Das Ziel: eigenen Nachwuchs verstärkt aufbauen, Junge befähigen, sich von den "Alten" etwas abzuschauen, aber auch Neues einzufordern. Ohne große Austauschprogramme, ohne klassische Settings, in denen sich Junge, nicht ganz so mächtige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, oft nicht wirklich etwas sagen trauen.

59 junge Talente, von der Nachwuchsführungskraft bis zum Lehrling (rund einhundert lernen bei Metro), arbeiten mehrere Wochen an verschiedenen Themen rund um die Frage: Kann man die Metro-Arbeitswelt verändern? Grundannahme: Man kann – und natürlich, man will. Gemeinsam mit den Beratern von HR Diamonds arbeiten Teams, die nicht kontrolliert und nicht gesteuert werden, an konstruktiven Fragen wie etwa: Warum laufen die Dinge bei uns so, wie sie laufen? Was wollen wir anders, und wo ist der Spielraum dafür?

Komfortzone verlassen

Unterstützt wird das durch Einladungen zum Verlassen der bekannten Komfortzone, etwa eine steile Bergwanderung. "Wir fordern unsere Diamanten schon ordentlich", so Berger. Aber es gehe ja immerhin um die Future-Leaders. Wie läuft es? Manche Teams kämen super zurecht mit der Freiheit des Erarbeitens, andere weniger. Wenn es gefragt ist, helfen die Berater, die ansonsten unüblicherweise im Hintergrund bleiben, weiter.

Und können 59 Leute eine ganze Organisation transformieren, aus einem offenen Setting heraus? Ja, ist die Personalchefin überzeugt, weil das sind alles Multiplikatoren innerhalb der Metro. Wenn die Jungen plötzlich mutig agieren, diskutieren und einfordern, dann ist Veränderung wahrscheinlich auch längst da. Workshops mit den Führungskräften, Mentoring und Lerngruppen helfen im Verlauf, Neues auch in die Strukturen zu bringen. "Ich will, dass die Menschen hier stolz sind auf das, was sie können, und sie bereitmachen für unsere Herausforderungen", legt Berger nach. (Karin Bauer, 21.12.2019)