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Sowjetische Truppen in Afghanistan, ihr Krieg dauerte von 1979 bis 1989. Die Amerikaner sind seit 18 Jahren im Land, ihr längster Krieg.

Foto: AP/Yakutin

Der Krieg in Afghanistan sei nicht zu gewinnen: Zu diesem Schluss kam das US-Sondergeneralinspektorat für Afghanistan (Sigar) schon vor Jahren, aber erst Anfang Dezember gelangte diese vernichtende Einschätzung durch die Veröffentlichung der "Afghanistan Papers" in der Washington Post an die Öffentlichkeit. 18 Jahre sind die USA nun in Afghanistan engagiert, ihr längster Krieg. Und die Amerikaner fühlen sich an die "Pentagon Papers" von 1971 erinnert, mit denen die Desinformation über die wahre Lage im Vietnam-Krieg bekannt wurde.

In Katar führt der US-Sonderbeauftragte Zalmay Khalilzad seit Monaten Gespräche mit den Taliban, die immer wieder unterbrochen werden, weil die Taliban ihren Krieg gegen die von den USA unterstützte afghanische Regierung weiterführen. Aber Washington hat sich im Prinzip damit abgefunden, dass die Taliban die Zukunft Afghanistans nach dem US-Abzug mitbestimmen werden. Nach den Al-Kaida-Attentaten von 9/11 waren die Taliban im Winter 2001 durch eine von den USA geführten Allianz gestürzt worden. Die Taliban: Das war damals das Synonym für eine islamistische Schreckensherrschaft.

Chaos

Ebenso ist Afghanistan der Inbegriff eines Territoriums, an dem alle Invasoren scheitern wie ja auch schon die Briten im 19. Jahrhundert. Der Friedhof der Großmächte. Man kann einmarschieren, aber das Land nicht befrieden und halten.

Die Sowjetunion, deren Afghanistan-Intervention sich in diesen Tagen zum 40. Mal jährt, brauchte zehn Jahre, um sich selbst wieder aus dem Morast zu ziehen. Die sowjetischen Truppen hinterließen im Februar 1989 ein Land im Chaos, einen Bürgerkrieg rivalisierender Kriegsherren. Als die Taliban, die "Islamschüler", von Pakistan aus gegen Mitte der 1990er-Jahre ihren Siegeszug antraten, wurden sie zuerst sogar von Washington als mögliche Ordnungsmacht eingeschätzt. Die Einstellung änderte sich, als sie die Al-Kaida von Osama bin Laden zu beherbergen begannen.

Einmarsch am 25. Dezember

Am 25. Dezember 1979 hatten die ersten Einheiten der sowjetischen 40. Armee – extra für den Afghanistan-Feldzug aufgestellt – die Grenzen der Sowjetrepubliken Usbekistan und Turkmenistan nach Afghanistan überschritten, gleichzeitig begann das Einfliegen von sowjetischen Truppen in die Hauptstadt Kabul und nach Bagram. Zwei Tage später stürzte ein Spezialkommando in Kabul die Regierung von Hafizullah Amin und installierte Babrak Karmal als Präsidenten. Amin hatte nach der Ermordung des moskaufreundlichen Nur Mohammed Taraki die Geschäfte übernommen und galt den Sowjets als Risiko. Außerdem fürchteten sie die Ausbreitung des durch den Widerstand gegen den kommunistisch-sozialistischen Kurs wachsenden afghanischen Islamismus auf ihre eigenen, sowjetischen Muslime.

Die nächsten zehn Jahre prägten nicht nur die Sowjetunion, wo der verlustreiche Krieg sehr unbeliebt war. Die westlichen Verurteilungen der sowjetischen Invasion schlugen sich bald in konkreter Unterstützung für jene nieder, die die Sowjets in Afghanistan bekämpften: Warlords und Mujahedin. Der Afghanistan-Krieg wurde zum Anziehungspunkt und zur Ausbildungsstätte für radikale islamistische Kräfte aus der ganzen islamischen Welt.

Radikal-islamistische Energien

Unterstützt wurden sie mit Geld und Waffen via Saudi-Arabien und Pakistan vor allem von den USA: Die zehn Jahre der Sowjets in Afghanistan waren der Höhepunkt der Zusammenarbeit zwischen dem radikalen politischen Islam und der "freien westlichen Welt", die im Kalten Krieg wenig Berührungsängste zeigte. Wenn Politiker von links bis rechts heute gerne den politischen Islam im Mund führen, so lautet der Vorwurf gemäßigter Muslime wiederum, dass der Westen genau diesen radikalen Islam instrumentalisiert und gefördert hat, als ihm das in den Kram passte.

Einer der Afghanistan-Kämpfer hieß bekanntlich Osama bin Laden. 1989, als sich die angeschlagene Sowjetunion, die zweieinhalb Jahre später unterging, aus Afghanistan zurückzog, wurden die geballten radikal-islamistischen Energien frei. Laut eigenem Narrativ hatte der Islam die mächtige Sowjetunion besiegt. Und nun sollte die Reihe an den nächsten, noch mächtigeren Feind kommen, den westlichen Imperialismus. In ihre Herkunftsländer zurückgekehrt, bekämpften die Afghanistan-Veteranen auch ihre eigenen Regierungen, die ihnen als Marionetten des Westens galten. In den 1990er Jahren begann die Ausbreitung des islamistischen Terrorismus. (Gudrun Harrer, 23.12.2019)