Bei dem Prozess geht es nur um zwei Fälle, in denen Weinstein vorgeworfen wird, Frauen misshandelt zu haben.

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Harvey Weinstein verlässt den Gerichtssaal.

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New York / Hollywood – Harvey Weinstein war jahrzehntelang einer der einflussreichsten Männer Hollywoods – seit Montag muss er sich wegen mutmaßlicher Sexualverbrechen vor Gericht verantworten. Begleitet von einem gewaltigen Medieninteresse hat in New York der Prozess gegen den früheren Filmproduzenten begonnen.

Der 67-Jährige erschien, wegen einer Rücken-OP gestützt auf eine Gehhilfe, im Gericht in Manhattan. Begleitet wurde der Prozessauftakt von Protesten gegen Weinstein.

Zwar werfen mehr als 80 Frauen – darunter bekannte Schauspielerinnen wie Angelina Jolie, Salma Hayek und Gwyneth Paltrow – dem einstigen Hollywood-Mogul sexuelles Fehlverhalten vor.

Weinstein wird jetzt auch in Los Angeles wegen mutmaßlicher Sexualverbrechen formal beschuldigt. Die Staatsanwaltschaft der kalifornischen Großstadt erklärte am Montag, dem 67-Jährigen würden wegen zwei Fällen aus dem Jahr 2013 Vergewaltigung und ein sexueller Angriff zur Last gelegt.

Zwei Fälle

In dem New Yorker Prozess geht es aber nur um zwei Fälle: Eine frühere Produktionsassistentin beschuldigt den Gründer des Miramax-Filmstudios, ihr 2006 in seiner New Yorker Wohnung Oralsex aufgezwungen zu haben. Eine weitere Frau wirft Weinstein vor, sie 2013 in einem Hotelzimmer vergewaltigt zu haben.

Viele andere Fälle sind verjährt oder wurden nicht zur Anzeige gebracht. Weinstein hat kürzlich eine Vereinbarung mit dutzenden Frauen über Entschädigungszahlungen in Höhe von insgesamt 25 Millionen Dollar getroffen – im Gegenzug für Verschwiegenheit.

Der 67-Jährige, der gegen Kaution auf freiem Fuß ist, hat alle Vorwürfe zurückgewiesen und spricht von einvernehmlichen sexuellen Handlungen. Bei einer Verurteilung droht ihm lebenslange Haft.

Sechs Wochen Verhandlung

Am ersten Verhandlungstag ging es in erster Linie um organisatorische Fragen. Die Auswahl der Geschworenen dürfte am Dienstag beginnen und rund zwei Wochen dauern. Der gesamte Prozess dürfte sich über mindestens sechs Wochen hinziehen.

Bei dem Prozess wird auch "Sopranos"-Darstellerin Annabella Sciorra als Zeugin aussagen. Sie gibt an, Weinstein habe sie vor mehr als 25 Jahren vergewaltigt. Die Vorwürfe sind zwar verjährt; die Staatsanwaltschaft will aber die Jury davon überzeugen, dass es bei Weinstein ein Muster sexueller Gewalt gab.

Weinsteins Anwaltsteam, angeführt von der Strafverteidigerin Donna Rotunno, dürfte im Prozess versuchen, die Glaubwürdigkeit der mutmaßlichen Opfer in Zweifel zu ziehen. Rotunno dürfte dabei auf harte Kreuzverhöre setzen.

Proteste vor dem Gericht

Vor dem Gerichtsgebäude versammelten sich am Montag Demonstranten, die von den Schauspielerinnen Rosanna Arquette und Rose McGowan angeführt wurden. Beide Frauen haben Weinstein sexuelles Fehlverhalten vorgeworfen. Demonstranten hielten Plakate mit Forderungen wie "Gerechtigkeit" für die Missbrauchsopfer in die Höhe.

Weinstein war jahrzehntelang einer der einflussreichsten Männer Hollywoods. Er gründete 1979 zusammen mit seinem Bruder Bob das Filmstudio Miramax, das unter anderem Quentin Tarantinos Kultfilm "Pulp Fiction" produzierte. 2005 gründeten die Brüder dann das Filmstudio The Weinstein Company, das hinter Erfolgen wie "Inglourious Basterds" und "The King's Speech – Die Rede des Königs" steht. Weinstein-Produktionen sammelten im Laufe der Jahrzehnte 81 Oscars.

Das Bekanntwerden der Vorwürfe gegen den mächtigen Filmproduzenten sorgte deswegen im Oktober 2017 weltweit für Schlagzeilen – und trat die #MeToo-Bewegung gegen sexuelle Übergriffe und Gewalt an Frauen los. In der Folge wurden Vorwürfe gegen zahlreiche Prominente aus der Filmwelt und anderen Branchen laut. Sie verloren Rollen, Posten und Ansehen, strafrechtliche Konsequenzen wie der Prozess gegen Weinstein sind aber bisher eher die Ausnahme.

Derzeit bahnt sich nur ein weiterer Prozess an, der gegen R&B-Sänger R. Kelly wegen Vorwürfen des sexuellen Missbrauchs vor allem minderjähriger Mädchen. Der frühere Comedy-Star Bill Cosby wurde zwar 2018 wegen sexuellen Missbrauchs zu einer Gefängnisstrafe verurteilt; die Ermittlungen hatten aber schon vor #MeToo begonnen. (APA, AFP, 6.1.2020)