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Russland konnte seine Exporte nach Europa weiter erhöhen.

Foto: Reuters/Shemetov

Russland hat seine Position auf dem europäischen Gasmarkt weiter gefestigt: Der staatliche Pipelinemonopolist Gazprom konnte vorläufigen Schätzungen zufolge 2019 seinen Absatz innerhalb der EU auf 180 Milliarden Kubikmeter steigern. Das wäre ein Plus um 1,7 Prozent – angesichts des warmen Winters ein gutes Ergebnis.

Für die Umsatzsteigerung musste Gazprom allerdings einiges tun: So hat der Konzern deutlich mehr Gas über seine elektronische Handelsplattform zu Spottpreisen verkauft. Diese liegen weit unter jenen Tarifen, die Gazprom ansonsten in die meist langjährigen Lieferverträge festgeschrieben hat. Nur so konnte Gazprom die Konkurrenz auf Distanz halten. Das Unternehmen bleibt mit Abstand der wichtigste Energielieferant Europas, auch wenn der Marktanteil von 45 Prozent im Jahr 2018 auf 42,5 Prozent im vergangenen Jahr gesunken ist.

Nowatek neuer Akteur

Trotz der leichten Einbußen von Gazprom: Insgesamt hat Russland seinen Marktanteil in Europa sogar ausgebaut. Das Minus von Gazprom wird mit Leichtigkeit von Nowatek ausgeglichen. Der Gaskonzern von Leonid Michelson und dem Putin-Vertrauten Gennadi Timtschenko konnte seinen Absatz in Europa mehr als verdreifachen.

Nowatek verkauft Flüssiggas, das in den gigantischen Lagerstätten der arktischen Halbinsel Jamal gefördert, verflüssigt und dann mit LNG-Tankern auf der Nordostpassage durch das Nordpolarmeer in alle Welt transportiert wird. Ursprünglich vor allem für den chinesischen Markt gedacht, gingen 2019 wegen der besseren Margen wohl 85 Prozent der Gasmenge nach Europa. Das sind immerhin 20,8 Milliarden Kubikmeter.

USA als großer Gewinner

Insgesamt kommen damit rund 200 Milliarden Kubikmeter, also 47,5 Prozent, des importierten Gases in Europa aus Russland. Traditionelle Konkurrenten verloren hingegen massiv an Boden. So ist der Gasimport aus Norwegen um 6,3 Prozent auf 119,2 Milliarden Kubikmeter zurückgegangen. Der Einbruch der Gaslieferungen aus Algerien betrug sogar 25 Prozent. Insgesamt lieferten die Nordafrikaner 32,5 Milliarden Kubikmeter.

Gestiegen ist hingegen die Menge der LNG-Lieferungen. Zulegen konnte hier Branchenführer Katar mit einem Plus von 48 Prozent auf 29,5 Milliarden Kubikmeter. Größter Gewinner sind jedoch die USA, die ihren Absatz mit neuen Terminals mehr als verfünffachen konnten und nun immerhin schon 17,5 Milliarden Kubikmeter Richtung Europa verschiffen.

Und die USA sind bereit, den Konkurrenzkampf heuer weiter zu verschärfen. Die politische Führung in Washington hat diesen Willen durch die Sanktionen gegen das Projekt Nordstream 2 bereits unter Beweis gestellt. Damit wird sich die Fertigstellung der Pipeline um schätzungsweise ein Jahr verzögern. Die US-Konzerne wollen diese Lücke nutzen.

Preiskampf spitzt sich zu

Neue US-Verflüssigungsterminals gehen in Betrieb. Theoretisch kann auch Europa mehr Flüssiggas aufnehmen, die Kapazitäten waren 2019 nur halb ausgelastet. Analysten sagen daher für das laufende Jahr einen sich zuspitzenden Preiskampf zwischen dem vor allem aus Russland stammenden Pipelinegas und Flüssiggas, auf das die USA setzen, voraus. (André Ballin aus Moskau, 21.1.2020)