Welche Sorte Marihuana mag wohl den Geschmack des Konsumenten treffen? Die richtige Wahl war an der Börse zuletzt weniger wichtig – sämtliche Cannabisaktien schmierten ab.
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Auf Dauerhigh – so lassen sich die wichtigsten US-amerikanischen Aktienindizes kurz beschreiben. Der S&P 500 gewann etwa im Vorjahr mehr als 30 Prozent. Ausgerechnet jene Aktien, die zumindest ein gewisses High zum Geschäftsinhalt haben, vernichteten im Vorjahr ernüchternde 40 Milliarden US-Dollar ihrer Marktkapitalisierung.

Über Tilray, den größten kanadischen Cannabisproduzenten – 2018 noch die Börsenrakete, die von einem Einstiegspreis von 17 Dollar zu einem All-Time-High von 300 rauschte –, lässt sich in der Folge nichts anderes sagen als: das Grauen danach. Kein Einzelschicksal. Der aus 41 Mitgliedern bestehende Global Cannabis Stock, ein gleich gewichteter Aktienindex, hat seit seinem Höchststand im Jänner 2018 rund 75 Prozent an Wert verloren. Im Vorjahr hat der Branchenindex zwar eine Erholungsrally von 80 auf 100 Punkte absolviert, ist dann allerdings auf 45 Zähler abgestürzt.

Rasantes Wachstum

Ernüchterung ist in der Boombranche, entstanden durch die Legalisierung in mittlerweile zwölf US-Bundesstaaten, in der gesamten Wertschöpfungskette eingekehrt. Die Gründe liegen im rasanten Wachstum: Angebotsschwierigkeiten, Steuererhöhungen in verschiedenen Staaten und Qualitätsprobleme – auf schnell, schnell geht mit diesen Pflanzen kaum etwas – haben die Produktion und die Nachfrage durcheinandergebracht.

Ist nach geraumer Zeit der Ausnüchterung legaler Konsum in Form von Aktien wieder angesagt? Geht es nach Wall-Street-Analysten, dann werden sowohl Aurora Cannabis, die Lieblingsaktie der Investing-App Robin Hood, als auch Canopy Growth, Medmen Enterprises oder eben Tilray nicht vor 2022 profitabel sein. Allen gemeinsam: eine aggressive Wachstumsstrategie bei dünner Kapitalbasis.

Jedenfalls wird 2020 keine schnelle, reiche Ernte einzufahren sein. Klagen gegen die Produzenten sind im Gange – das Saatgut passte nicht, die Qualität der Erträge daraus schmeckte nicht, es herrscht Wirrnis von Hanfbauern bis zu Erzeugern von Nahrungsergänzungsmitteln aus CBD. Die US Food and Drug Administration ist zwecks Klärung und Rechtssicherheit am Zug – aber dieser fährt wohl nicht allzu schnell.

Weniger Steuereinnahmen

Kleiner Trost: Nicht nur börsenseitig ist die Enttäuschung derzeit groß. Auch jene Bundesstaaten, die sich Milliarden an Steuern durch die Legalisierung erhofft hatten, müssen ihre Kalkulationen um bis zu zwei Drittel nach unten korrigieren.

Aber Wachstum steht mittelfristig wohl an: Wurden 2018 rund acht Milliarden Dollar legal im Cannabis-Geschäft gemacht, so stellt Marktforscher Nielsen für 2025 rund 40 Milliarden in Aussicht. Ob sich bis dahin auch die Aktien verfünffachen? Legaler Konsum und Dope als Kapitalanlage sind wohl mit Skepsis zu prüfen. Damit die Einzeltitel, die 75 Prozent gefallen sind, ihr Ursprungsniveau wieder erreichen, müssen sie sich jedenfalls vervierfachen. Dass das schnell einfährt, ist nicht wahrscheinlich. (Karin Bauer, 23.1.2020)