Scharfe Kanten schneiden nicht nur ins Eis, sondern auch ins Fleisch: Schnittverletzungen beim Schifahren, Rodeln und Eislaufen nehmen zu.

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Innsbruck – Knapp 140 Schnittverletzungen bei Wintersportlern – davon rund 70 im Gesicht – mussten in dieser Saison bereits an der Innsbrucker Klinik versorgt werden. Weil Skikanten heutzutage messerscharf geschliffen werden, nehmen derartige Verletzungsmuster von Jahr zu Jahr zu, erklärt Rohit Arora, interimistischer Direktor der Universitätsklinik für Unfallchirurgie. Oft mit fatalen Folgen. So können die Kanten im Falle eines Sturzes tiefe Schnittwunden, die bis auf die Knochen gehen, verursachen. Nicht selten werden dabei wichtige Blutgefäße verletzt, wodurch es zu akut lebensbedrohlichen Situationen kommen kann.

Die scharfkantigen Latten stellen aber nicht nur während des Einsatzes auf der Piste eine Gefahr dar, warnt Arora: "In Gondeln befinden sich die meisten Ski-Enden moderner Carving-Modelle auf Kopfhöhe, fällt dabei ein Paar um oder stolpert jemand unglücklich, landet der Ski mitten im Gesicht." Einen Wintersportler hätte eine solche Unachtsamkeit heuer beinahe das Leben gekostet. Als er aus der Bahn aussteigen wollte, erwischte ihn eine Skikante am Hals und durchtrennte dabei eine Vene. Der Mann wäre fast verblutet und erlitt im Zuge der Behandlung noch ein Hirnödem. Insgesamt musste er 61 Tage in der Klinik verbringen.

Vorsicht auch beim Eislaufen

57 Prozent aller Schnittverletzungen bei Wintersportlern passieren beim Skifahren, aber auch beim Eislaufen oder Rodeln sind scharfe Kanten im Spiel. Während die Kufen von Rodeln in erster Linie Beinverletzungen verursachen, sind auf dem Eislaufplatz, wo immerhin 13 Prozent aller Schnittverletzungen zu verzeichnen sind, die Hände besonders gefährdet. Einem Kind wurde heuer das Endglied des kleinen Fingers durch einen Eislaufschuh abgetrennt. Daher rät Arora, auch bei vermeintlich harmlosen Aktivitäten wie dem Eislaufen auf ausreichend Schutzkleidung, der Helm sollte ohnehin obligatorisch sein, zu achten. So können schon Handschuhe helfen, schlimmere Verletzungen zu verhindern.

Sogar auf Langlaufloipen steigt die Zahl der Schnittverletzungen, wie die Ärzte der Innsbrucker Klinik berichten. Scharf geschliffene Kanten von Langlaufskiern hatten heuer bereits durchtrennte Nerven zur Folge.

Mehr Unfälle als im Vorjahr

Auffallend ist im Zusammenhang mit Schnittverletzungen die Geschlechterverteilung. Denn knapp 80 Prozent davon entfallen auf Männer. Altersmäßig ist die Gruppe der 20- bis 50-Jährigen am häufigsten betroffen.

Die auffallende Steigerung der Zahl der Schnittverletzungen führt Arora auf Veränderungen im Wintersport zurück. Auf immer härteren Kunstschneepisten wird mit Carving-Skiern gefahren, deren Kanten für die optimale Performance messerscharf geschliffen werden müssen. Zudem greifen vor allem Urlauber, die ohnehin nicht regelmäßig auf Pisten sind, immer häufiger auf Leihausrüstung zurück, die sie nicht gewohnt sind.

Insgesamt seien in der diesjährigen Wintersaison bislang mehr Unfälle zu verzeichnen als im Vorjahr, sagt Arora. Im täglichen Durchschnitt werden allein in Innsbruck 110 frischverletzte Wintersportler in der Unfallchirurgie behandelt. An Wochenenden steigt die Zahl der Eingelieferten auf bis zu 240 Patienten pro Tag. Die häufigsten Verletzungen betreffen die Schulter, gefolgt vom Brustkorb und der Wirbelsäule. (Steffen Arora, 23.2.2020)