Die Burgruine Gösting in Graz ist das Ziel der Volksschul-Ausflüge.

Foto: privat

Manchmal wirft man mir vor zu schicksalsgläubig zu sein. Aber was ist es denn bitte sonst, wenn man beim Entrümpeln des Kellerabteils in Wien eine Karte der Burgruine Gösting in Graz findet – in der einzigen Schuhschachtel, die es die vielen Stationen seit der Kindheit mitgeschafft hat – und wir danach (!), natürlich unabhängig davon, beschließen, dieses Heft zu machen. Eben.

Wer hätte gedacht, dass diese Ansichtskarte, nachdem ich sie vor 25 Jahren als verhindertes Burgfräulein von meinem Taschengeld gekauft habe, einen derartigen Auftritt hinlegt. Dazu sei gesagt, dass wirklich jedes Grazer Kind die Burgruine Gösting im Norden der Stadt kennt – und die verliesähnliche Öffnung, an der ich diese Karte erstanden habe.

In Graz in die Volksschule zu gehen bedeutet nämlich: Der erste Ausflug geht auf die Ruine, ganz gleich, ob man aus St. Peter, Gösting oder in meinem Fall aus St. Leonhard kommt.

Grüne Spinne

In St. Leonhard wiederum gibt es zwei große Schulen. Eine davon ist das Lichtenfels. Alle, die dort waren, kennen den Musikpark, einen kleinen, wenig aufregenden Ort, an dem trotzdem jeder gesessen ist: weil zu jung für die coolen Lokale, wie die grüne Spinne, und trotzdem zu alt, um am Samstagabend zu Hause zu sitzen – zumindest vor 23 Uhr.

Ich werde sie nie vergessen, diese hässliche durch Staub an Umfang gewachsene Pappmascheespinne, die über dem Stiegenabgang ins Kellerlokal hing. Auch wenn das Lokal im Nachhinein betrachtet alles andere als ein Barjuwel war, die Spinne war eine Institution.

Wetterbarometer

Zum Glück bestehen andere – auch objektiv betrachtet – hübsche Orte der Erinnerung nach wie vor. Wir Grazer wissen es alle. Ohne das Parkhouse wäre die Stadt nicht dieselbe. Es ist nur ein einfacher Pavillon, aber auch ein Wetterbarometer.

Denn sobald die ersten wärmeren Stunden in Graz anschlagen, ist das Parkhouse knallvoll. Und die Wiesen im Stadtpark rundherum gesprenkelt mit Leuten, die sich von selbigem Bier, Wein und Saft holen.

Graz ist eine entspannte Stadt, mit entspannten Leuten. Schlossberg, viele Kinder und Studenten: Die meisten, die in Graz wohnen, finden das auch gut so. Woran man den Urgrazer erkennt? Am Fahrrad. Ohne Rad geht in Graz nichts.

Vom Parkhouse zur Burgruine Gösting sind es 33 Minuten die Mur entlang. Letztens war ich überrascht, wie schnell ich bei der Ruine oben war. Das schmälert die Performance der Begleitmama trotzdem nicht, die den Berg mit High Heels bezwang. (Nina Wessely, RONDO, 13.4.2020)