Für Menschen über 65 ist im Moment jeder Schritt vor die Haustür ein Risiko. Dennoch müssen sie täglichen Erledigungen nachgehen, und ihr Leben kann sich nicht gänzlich in den eigenen vier Wänden abspielen. Dabei stehen sie oft schon auf dem Gehweg vor der Herausforderung, entgegenkommenden Passantinnen und Passanten nicht mit genügend Sicherheitsabstand ausweichen zu können, ohne die Fahrbahn zu nutzen. Das sorgt für noch mehr Verunsicherung. Wie kann man ihnen diese Wege erleichtern und so diese Verunsicherung nehmen?

Letzte Woche trat die Stadt Wien mit der Idee an die Öffentlichkeit, Straßen mit besonders schmalen Gehwegen für Fußgängerinnen und Fußgänger zu öffnen und für Autos teilweise zu sperren. Denn der empfohlene Sicherheitsabstand von ein bis zwei Metern ist oft schlichtweg nicht einzuhalten. Seitens der Infrastrukturministerin Leonore Gewessler wurde auch der gesetzliche Weg dafür bereits geebnet.
Wo wohnen die 65-Jährigen? Wo sind Gehwege zu eng?
Nun stellt sich die Frage, welche Straßen sich dafür anbieten und in welchen Gebieten diese Maßnahme besonders relevant ist. Wo wohnt zum Beispiel vermehrt die Covid-19-Risikogruppe der über 65-Jährigen? Wo sind die Gehwege zu eng für den Sicherheitsabstand? Die folgende Karte gibt Aufschluss über den Zusammenhang dieser beiden Fragestellungen.

Als weiterer Schritt wurden die Wege an sich untersucht. Als Hauptmotiv für ein Verlassen des eigenen Zuhauses in Zeiten von Corona hat sich der Gang zu Lebensmittelgeschäften herauskristallisiert. Demnach beschäftigt sich eine weitere Karte mit der Länge beziehungsweise Beschwerlichkeit der Fußwege zum nächsten Supermarkt. Bemessen an Aspekten, wie der Überquerung größerer Fahrbahnen oder Treppen wurde untersucht, wie diese mit den Wohnorten der Covid-19-Risikogruppe der über 65-Jährigen zusammenfällt.

Die beiden Datenanalysen ergeben, dass es innerhalb Wiens zahlreiche Gebiete gibt, die genau diese Zusammenhänge erkennen lassen. In fast allen Bezirken gibt es kritische Punkte, an denen ein hoher Anteil älterer Bewohnerinnen und Bewohner und schmale Gehsteige sowie beschwerliche Wege zum nächsten Supermarkt zusammenfallen. Tägliche Wege werden so erschwert und ein Ansteckungsrisiko vergrößert.
In den aufgezeigten Gebieten könnte eine Öffnung für Fußgängerinnen und Fußgänger helfen den Sicherheitsabstand leichter einzuhalten und letztlich die Risikogruppe zu schützen. Denn deren Verunsicherung ist bereits allgegenwärtig und wird sich auch in den nächsten Wochen und Monaten nur wenig legen. Bei gegebener Gesetzeslage ist die Stadt Wien also am Zug, wenn es darum geht dem sinnvoll entgegenzuwirken. (Aggelos Soteropoulos, Robert Kalasek, Anna Schwarzlmüller, 9.4.2020)