So ungefähr könnten die Regeln des Abstands in Hinkunft funktionieren – nicht nur im Klimt-Raum im Belvedere.

Ouriel Morgensztern

Wer über ein 20m2 großes Zimmer verfügt, weiß, wie viel Platz der Gesetzgeber derzeit einem in öffentlich zugänglichen Räumen zugesteht. Festgelegt wurde dies in der 151. Covid-19-Verordnung im Vorfeld der schrittweisen Öffnung des Handels. Nun gilt die Zahl auch als Regelmaß für Kulturinstitutionen. Zusammen mit dem Verbot von Großveranstaltungen hat die Abstandsregel Sommerevents begraben und wächst auch in Hinblick auf die Premieren des Herbstes zur (Proben)-Gefahr.

Eher gelassen reagiert zwar der neue Staatsoperndirektor Bogdan Rošcic, der die Bedingungen ab Juni zwecks Vorproben für ausreichend hält ("Unter Profis wird es möglich sein, miteinander zu arbeiten").

Auch die Wiener Volksoper freut sich, "ab Mitte Mai in kleinem Rahmen proben zu dürfen und an der Umsetzung unserer Pläne für September arbeiten zu können". Konträr jedoch die Ansicht von Josefstadt-Theaterchef Herbert Föttinger: Abstands- und Mundschutzgebote seien in einem Theaterbetrieb nicht einzuhalten, "solange diese Regeln aufrecht sind, kann kein Theater probieren".

Danke für Fonds

Konzerthaus-Chef Matthias Naske ist zwar dankbar für die Politzusage, "einen Fonds einzurichten, der die ökonomischen Ausfälle gemeinnütziger kultureller Einrichtungen ausgleichen wird". Durch das Veranstaltungsverbot sei die Grundlage zur Finanzierung der mit den Strukturen verbundenen Fixkosten ganz weggebrochen. Er verlangte aber transparente Regelungen und klare zeitliche Vorgaben, um einen "betriebswirtschaftlich darstellbaren Spielbetrieb sicherzustellen. 20 Quadratmeter pro Zuschauer zählen nicht dazu."

Da haben es die Museen leichter, die erste Berechnungen anstellen, auf wie viele Besucher sie bei einer Blockabfertigung pro Tag theoretisch kämen: Bei der Albertina wären es 1300, im Belvedere 1400.

Ob sich das betriebswirtschaftlich lohnt, sei für Bundesmuseen letztlich kein Thema, selbst wenn eine Öffnung mehr Kosten verursache, als sie Einnahmen bringe, heißt es aus dem Umfeld. Das Leopold Museum käme theoretisch auf 1400 tägliche Besucher, praktisch liefe der Betrieb bereits mit 520 Interessierten kostendeckend, erklärt Direktor Hans-Peter Wipplinger.

Nicht jeder im Mai

Obwohl Museen ab Mitte Mai wieder öffnen können, werden dies nicht alle tun: das Oberösterreichische Landesmuseum samt allen Haupt- und Nebenstandorten zwar sehr wohl, wie Alfred Weidinger als Geschäftsführer der OÖ Landes-Kultur auf Anfrage bestätigt. In der Steiermark entschied man sich jedoch zu einer gestaffelten Variante: Freiluftbereiche wie der Schlosspark in Eggenberg oder der Skulpturenpark in Premstätten sind wieder ab 18. Mai zugänglich. Die Museen, darunter das Universalmuseum Joanneum, aber erst ab 1. Juli.

Dieses Datum ist auch der Stichtag für die Bundesmuseen, darauf einigte man sich in der Bundesmuseenkonferenz am Freitagnachmittag endgültig. Im Ö1-Interview hatte die derzeitige Vorsitzende und Direktorin der Nationalbibliothek dazu eine Kosten-Nutzen-Analyse ins Treffen geführt: "Wir haben in vielen Museen Liquiditätsengpässe. Da hilft uns Kurzarbeit sehr", so Johanna Rachinger. Ein Rundruf unter den Museen ergab einen weiteren Grund: Infrastruktur-Maßnahmen, um die erzwungene Schließzeit zu nutzen. Die dafür notwendigen sogenannten §5-Mittel (Bundesmuseengesetz) wurden von Ulrike Lunacek freigegeben.

Etwas wird saniert

Im Falle der Albertina geht es etwa um den Austausch von Rückkühlern, im Kunsthistorischen Museum um Klimatechnik, Kabinettsanierung und Beschattung, im Belvedere u. a. um eine Konditionierung und Belüftung des Klimt-Raumes, die bei laufendem Betrieb eine logistische Herausforderung gewesen wäre. Und: Diese Arbeiten können nicht vorzeitig abgebrochen werden, so der Tenor der "Big Three".

Ob sich das Mumok punkto Wartungsmaßnahmen oder Ähnlichem in einer vergleichbaren Situation befindet, war nicht in Erfahrung zu bringen. Eine Anfrage blieb unbeantwortet.

Auch für Non-Profit

Unklar bleibt derzeit auch, ob und in welchem Ausmaß die Bundesmuseen ihre Umsatzausfälle aus welchen staatlichen Töpfen kompensiert oder Liquiditätsengpässe behoben werden. Der von Vizekanzler Kogler avisierte Fonds für Non-Profit-Organisationen könnte nicht nur Vereinen aus dem Bereich Sport, Soziales und Kultur aus der Patsche helfen, sondern womöglich auch den Bundesmuseen. So genau weiß man das auch im Kulturstaatssekretariat noch nicht: Die Verhandlungen dazu liefen ja noch.

Für den Geschäftsführer der IG-Autoren, Gerhard Ruiss, gehen indes auch die Entwicklungen rund um die Unterstützungsleistungen für Künstler "leider nur sehr schleppend voran. Auf einen besseren Zugang für Kunst- und Kulturschaffende zu den Unterstützungsfonds warten wir vergebens", bemängelte Ruiss. Und die Zeit drängt – in Zeiten des Kulturtiefschlafs. (Olga Kronsteiner, Ljubisa Tosic, 19.4.2020)