Gerade in Einfamilienhäusern schlummert noch erhebliches Potenzial, wenn es um die Hebung der Energieeffizienz im Gebäudebereich geht.

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Die Sanierungsrate ist in Österreich derzeit so niedrig wie seit zehn Jahren nicht mehr. Von 2009 bis 2018 ist die Gesamtsanierungsrate bei Wohnungen von 2,1 auf 1,4 Prozent gesunken. 2009 hatte die Sanierungsrate innerhalb der Wohnbauförderung ein All-Time-High von 1,8 Prozent erreicht. Seither waren geförderte Sanierungen aber kontinuierlich rückläufig – 2018 lag die Rate nur noch bei 0,5 Prozent, erklärten Vertreter von Umweltbundesamt und Institut für Immobilien, Bauen und Wohnen (IIBW) kürzlich in einem Online-Pressegespräch. Am Weg aus der Coronakrise heraus sollte deshalb die thermisch-energetische Gebäudesanierung als Chance zur Wiedererstarkung der Wirtschaft und der Dekarbonisierung zugunsten des Klimaschutzes genutzt werden.

Eigenheime kaum saniert

Mit einer Sanierungsrate von zweieinhalb bis drei Prozent könne der heimische Wohnungsbestand "bis 2040 Klima-fit" gemacht werden, betonte Wolfgang Amann vom Institut für Immobilien, Bauen und Wohnen (IIBW). Derzeit liege der Bereich Gebäudesanierung aber "seit Jahren auf der Intensivstation", formulierte es Georg Bursik vom Forschungsverband der österreichischen Baustoffindustrie. Von den aktuell fast 4,8 Millionen Wohneinheiten in Österreich (das sind um 40 Prozent mehr als noch 1991) weisen den Experten zufolge etwa 1,9 Millionen einen thermisch unzureichenden Standard auf.

Besonders hoch ist demnach der Sanierungsbedarf bei Eigenheimen – nicht nur wegen der sehr hohen Zahl, sondern auch wegen des sehr viel höheren Energiebedarfs im Vergleich zu baugleichen Geschoßwohnungen. Es gibt zwar diverse Landesförderungen und seit mehr als zehn Jahren auch die Bundesaktion zur Förderung der thermischen Sanierung von Altbauten ("Sanierungsscheck"), dessen "Raus-aus-dem-Öl"-Bonus im Vorjahr besonders gut angenommen wurde und heuer deshalb auf 100 Millionen Euro aufgestockt wurde. Die Baustoffindustrie plädiert nun aber, "nachdem die bisherigen Ansätze zur Erhöhung der Sanierungsrate nicht ausreichend fruchteten", für neue Ansätze.

Absetzbeträge, Prämien

Die Sanierung von Eigenheimen und Eigentumswohnungen solle etwa durch die großzügige Absetzung von Sanierungskosten von der Lohn- und Einkommensteuer bzw. einer Negativsteuer im Rahmen der Arbeitnehmerveranlagung angekurbelt werden. Die Sanierung privater Mietwohnungen solle durch eine verkürzte Absetzung von Sanierungskosten innerhalb von nur fünf Jahren oder alternativ mit Investitionsprämien in Höhe von 15 Prozent der Investitionskosten gefördert werden.

Änderungen im Wohnrecht

Und auch über Eingriffe ins Wohnrecht sollten Sanierungen forciert werden, so die Vertreter der Baustoffindustrie. Beim Wohnungseigentum seien die großen Brocken eine Neuregelung der Rücklage und effizientere Regelungen der Willensbildung. Im Mietrecht wäre ein besonders starker Treiber, wenn Wohnungen im Vollanwendungsbereich (also in vor 1945 errichteten Gebäuden) "bei entsprechend hoher Qualität der Sanierung" angemessen vermietet werden könnten. Außerdem müsse für viele Maßnahmen, etwa die Umstellung von fossilen wohnungsseitigen Heizungen (Gasthermen) auf regenerative Hauszentralheizungen (Fernwärme), die Duldungspflichten der Mieter reformiert werden.

Bei konsequenter Umsetzung der steuerlichen Förderungen sei in den jeweiligen Bestandssegmenten eine Anhebung der Sanierungsrate um etwa einen Prozentpunkt machbar, ist Amann überzeugt. Und auch für Wirtschaft und Beschäftigung sei die Wohnhaussanierung ein mächtiger Motor. "Die dargestellten Maßnahmen versprechen einen zusätzlichen Bruttoproduktionswert von fast 2,6 Milliarden Euro pro Jahr", damit würden nicht weniger als 18.000 Arbeitsplätze dauerhaft gesichert. Allerdings bedeute die massive Forcierung der Wohnhaussanierung eine Herausforderung für die Bauwirtschaft. (29.4.2020)