Wohnungen mit Balkon sind nicht erst seit Corona besonders begehrt.

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Der Handshake mit dem Immobilienmakler ist vorerst passé. Stattdessen nickt man sich zu, wenn man einander zur Besichtigung einer Wohnung trifft. Ein freundliches Lächeln kann man sich dabei sparen. Es ist hinter dem Mundschutz, der nun getragen werden muss, ohnehin nicht zu sehen. Immerhin sind unter strengen Hygieneauflagen Besichtigungen seit kurzem wieder möglich.

Und sie dürften gut funktionieren, wie Makler berichten. "Es hat sich einiges aufgestaut", sagt Richard Buxbaum, Wohnimmobilienexperte bei Otto Immobilien. Ähnlich sieht das Michael Pisecky, Geschäftsführer von s Real und Obmann der Immobilien- und Vermögenstreuhänder in der Wiener Wirtschaftskammer: "Die Anfragen sind ab Ostern merklich gestiegen. Jetzt sind sie fast auf dem Niveau von vor der Krise."

Laut Pisecky könnte Corona bei manchen ausschlaggebend für die Wohnungssuche gewesen sein: "Es gibt sicher viele, die sagen: Wenn so eine Krise noch einmal kommt, hätte ich es gern gemütlicher und größer." Im Lockdown mussten viele den Großteil ihres Alltags zu Hause verbringen. Zwischen der Suche nach einem Schreibtisch für das Homeoffice und Platz für die spielenden Kinder mussten sie sich damit auseinandersetzen, was sie sich beim Wohnen wünschen – und ob ihnen das ihre jetzige Wohnung bieten kann.

Wie sich diese Zeit der Reflexion auf den Wohnungsmarkt auswirkt, werden die nächsten Jahre zeigen. Allerdings bemerken Makler schon jetzt gewisse Trends bei Anfragen. Der Run auf Freiflächen – Loggia, Balkon, Terrasse, kleiner Garten –, der schon in den vergangenen Jahren spürbar war, hat sich laut Buxbaum noch einmal verstärkt.

Mehr Platz fürs Homeoffice

Auch gut durchdachte Grundrisse seien ein noch größeres Thema geworden. Dabei gehe es etwa darum, wo in der Wohnung im Fall einer möglichen zweiten Corona-Welle Platz für das Homeoffice sein könnte. Jene, die es sich leisten können, hätten daher gern ein paar Quadratmeter Wohnfläche mehr zur Verfügung: "Das spüren wir bei den Wohnungsanfragen bereits", sagt Buxbaum. Daher könnte es nun sogar zu einer Gegenbewegung zu den zuletzt geschrumpften Wohnungen kommen. Oder zumindest zu einer Nachdenkphase bei Immobilienentwicklern, in der es darum gehen wird, "wie man kleine Wohnungen künftig organisieren soll, damit das Homeoffice nicht bis ans Bett heranreicht", erzählt Buxbaum.

Und noch etwas bemerken die Makler: So manche nicht ganz günstige Immobilie, die schon sehr lange auf dem Markt war, wird nun plötzlich nachgefragt. Pisecky erzählt beispielsweise von Immobilien an der Peripherie, die jetzt interessant werden. "Das Homeoffice hat den Zug hinaus aus der Stadt sicher begünstigt", sagt der Experte.

Wohl auch, weil diese Arbeitsform in vielen Unternehmen weiterhin Thema bleiben wird. "Und objektiv betrachtet hat es jemand, der in einem kleinen Ort wohnt, die letzten Monate sicher gemütlicher gehabt als Menschen in der dichtverbauten Stadt – und mit gesperrten Parks", sagt Pisecky. In den Städten wiederum rechnet Richard Buxbaum damit, dass sich viele in den kommenden Monaten lieber auf ihre Räder schwingen werden, als in Öffis zu steigen. Dadurch könnten nun auch manche Mikrolagen spannender werden, die nicht direkt an der U-Bahn liegen.

Stabile Preise

Klar ist aber: Wie Corona den Wohnimmobilienmarkt beeinflussen wird, ist noch offen. Auch wenn Makler angesichts des anhaltenden Interesses am "Betongold" vorsichtig optimistisch sind und von weitgehend stabilen Preisen ausgehen. Immobilienmakler Michael Pfeifer vergleicht die Stimmung mit den Wochen der Ungewissheit nach den Terroranschlägen von 9/11. Andere sehen sich an die Lehman-Pleite 2008 erinnert, mit der die Finanzkrise begann. Bei vielen sei jetzt jedenfalls noch nicht die Lust da, zu kaufen oder zu mieten, so Pfeifer.

Klar ist außerdem: Viele werden sich angesichts von Kurzarbeit und Arbeitslosigkeit gleich gar nicht auf Wohnungssuche machen. Die Wohnungsbesichtigungen mit Maske werden ohne sie stattfinden. (Franziska Zoidl, 17.5.2020)