Westösterreich ist besonders von den Grenzschließungen betroffen. Der Anteil der Inlandstouristen liegt in Tirol oft nur bei rund zehn Prozent.

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Viele könnten aktuell einen Urlaub wohl dringend gebrauchen. Ab diesem Wochenende ist das auch praktisch wieder möglich, denn mit 29. Mai dürfen Beherbergungsbetriebe für Touristen wieder öffnen. Viele tun es jedoch trotzdem nicht, vor allem im urbanen Bereich. "Die Stadt als Hotelmarkt dürfte durch die Corona-Krise nachhaltig geschädigt sein, etwa in Wien, Salzburg und Innsbruck", sagt Martin Schaffer vom Beratungsunternehmen MRP Hotels. Denn in Wien liegt der Anteil der Inlandstouristen beispielsweise nur bei 23 Prozent. "Durch die aktuell geltenden Reiserestriktionen macht das Aufsperren für viele also wenig Sinn."

Gut gebucht

Resorthotels in der Nähe großer Städte sind hingegen weniger vom ausländischen Markt abhängig und schon jetzt über Feiertage und Wochenenden gut gebucht. Allerdings fehlt auch hier das Geschäft mit Firmenkunden. Das dürften auch Destinationen spüren, die an sich bei Touristen nicht sonderlich begehrt sind, etwa Städte wie St. Pölten, so Schaffer. Der normale Bürobetrieb ist in vielen Unternehmen noch nicht aufgenommen, und Firmenreisen sind noch verboten. In der Reisebranche ist dieser Bereich, genannt MICE (Meetings, Incentives, Conferences, Events) am meisten betroffen, heißt es auch vom Immobilienunternehmen CBRE: Dies gilt vor allem für Städte wie Paris, Wien, Madrid, Barcelona oder Berlin, die von Verschiebungen oder Absagen großer Kongresse am meisten getroffen sind.

Ein bisschen weniger schlecht dürfte es der Hotellerie in Westösterreich gehen, glaubt Schaffer, "weil sie in der letzten Wintersaison gute Cash-Reserven aufbauen konnte". Dennoch dürften vor allem Salzburg, Tirol und Vorarlberg die Krise stark zu spüren bekommen, da diese Bundesländer sehr von deutschen Gästen abhängig und daher von den Grenzschließungen besonders betroffen sind. In Tirol liegt der Anteil der inländischen Gäste oft nur bei fünf bis zehn Prozent, sagt Schaffer. Im Jahresverlauf ist ein Umsatzrückgang von etwa 50 Prozent oder mehr nicht mehr auszuschließen, heißt es von MRP Hotels.

Marketing ändern

Dahingehend müssen sich auch die Marketing- und Vertriebsstrategien der Hotellerie ändern. "Sie müssen versuchen, wieder mehr Gäste aus dem eigenen Land für sich zu gewinnen, das wurde in Salzburg und Tirol zuletzt vernachlässigt", sagt Schaffer und nennt die aktuelle Zeit eine "Renaissance des Urlaubs in Österreich". Solange in Strandbars in Italien nur abgepackte Getränke konsumiert oder der Aperol per App bestellt werden muss, werde sich das wohl auch nicht ändern. "Das sind eher unlustige Urlaubserlebnisse", sagt er. Mit immer mehr Lockerungen werde aber auch die Vorliebe für den Urlaub daheim wieder abnehmen – spätestens, wenn klar wird, dass Covid-Tests oder Quarantäne nicht mehr nötig sind, um ein- oder auszureisen. Und dann, so prognostiziert CBRE, werden vor allem Hotels auf dem Land in ganz Europa profitieren, da Reisende versuchen werden, in weniger dicht besiedelte Gegenden zu reisen.

Hoteliers haben jedenfalls erkannt, womit sie die Gäste anlocken können. Derzeit sind das etwa flexible Buchungs- und Stornierungsbedingungen. "Sie wurden in der Krise als Verkaufsinstrument erkannt", so Schaffer. Ebenso wie die Digitalisierung. Um weniger direkten Kontakt mit Gästen haben zu müssen, werden spätestens jetzt in vielen Hotels berührungslose Lösungen umgesetzt, etwa zum Bezahlen, zum Ein- und Auschecken per Handy, für Zimmerservice-Bestellungen per App oder die digitale Rechnung.

Trotz Krise geht die Betreibersuche für neue Hotelprojekte weiter, berichtet Schaffer. "Sie wurde nur verlangsamt, nicht eingestellt", sagt er. Auch Hotel-Baustellen, die aufgrund der Krise stillgelegt wurden, kennt Schaffer nicht. Von CBRE heißt es: Der Hotelinvestmentmarkt in Wien ist im Moment sehr ruhig. Mehr Bewegung wird aber in der zweiten Jahreshälfte erwartet.

Steigende Betriebskosten

Eine schwere Zeit steht dem Hotelmarkt dennoch bevor, denn neben den Verlusten der letzten Monate werden in Zukunft auch die Betriebskosten durch verstärkte Hygienemaßnahmen steigen. Hotels müssen nun mit neuen Angeboten punkten, etwa Essen à la carte, um Schlangen an Buffets zu vermeiden, oder Angebote zum Mobile Working, das sich im Zuge der Krise stark etabliert hat.

Der fehlende Auslandstourismus trifft im Übrigen nicht alle Länder in Europa so hart wie Österreich. In manchen Regionen Deutschlands etwa liegt der Anteil der Inlandstouristen bei 80 Prozent. Begehrt ist diese Urlaubsform nach Deutschland auch in Großbritannien und Italien. (Bernadette Redl, 31.5.2020)