"Psycho", "Knallkopf", "einer der Dümmsten", "Närrin", "Gaunerei", "Schlafmütze", "völlig geistesgestört" und so fort.

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Beim Schimpfen sind und waren wir Österreicher immer groß da. Ehe sich Peter Handke auf den Weg zu seinen hyperfeinsinnigen Naturerkundungen machte, zeigte er dem Publikum erst einmal, was eine Harke – österreichisch: ein Rechen – ist und beschimpfte es nach Strich und Faden: "Ihr Glotzaugen! Ihr Liederjane! Ihr Genickschussspezialisten!"

Elfriede Jelinek kann es auch. Die Fußball-WM 2008 nannte sie "ein riesiges schwarzes Loch" und erteilte den Fans zugleich ihre Erlaubnis zum Zubrunzen der Ringstraße ("Wer die ganze Ringstraße zubrunzen will, soll das tun"). Thomas Bernhard, exquisiter Großmeister des Stänkerns, Schimpfens und Insultierens! "Ich habe Selbstgestricktes immer gehasst, wie Selbstgekochtes, wie alles Selbstgemachte im Haushalt überhaupt. Mir sind auch Einsiedegläser ein Alptraum" (Auslöschung).

Keineswegs ist hier der 2011 verstorbene, atemberaubend talentierte Beschimpfungskünstler Werner Kofler zu vergessen, der Entsetzliches realisiert hätte, wenn ihm nur das Musil-Stipendium zuerkannt worden wäre: "In der Beschimpfungskunst hätte es mir kaum einer gleichgetan. (...) Jeden hätte ich angepatzt, angeschüttet, angebrunzt, jeden."

Gesundes Schimpfsubstrat

Es versteht sich, dass solche Spitzenbeschimpfungskunst nur in einem Land gedeihen wird, das von vornherein mit einem gesunden Schimpfsubstrat aufwarten kann wie etwa dem prachtvollen Tiroler Fluch "Dem Herrgott sollen seine drei peschten Erzengel verrecken!". Das wird noch spannend, was den Tirolern erst zu Ischgl einfällt!

Die gute Nachricht: Österreichs Beschimpfungskunst lebt und floriert. Die schlechte Nachricht: Mit Donald Trump ist unserem Land ein sublimer Konkurrent erwachsen, der unsere Spitzenstellung ernsthaft gefährdet. MASA! Make America Scold Again!

Trump hat schon immer gern gefäult, was das Zeug hielt, aber spätestens seit ihn Nancy Pelosi kürzlich "pathologisch fettleibig" ("morbidly obese") genannt hat, ist der Orange außer Rand und Band und kommt aus dem Hass-Tweeten und Zorn-Tweeten gar nicht mehr heraus: "Psycho", "Knallkopf", "einer der Dümmsten", "Närrin", "Gaunerei", "Schlafmütze", "völlig geistesgestört" und so fort. Wie gut das bei den Wählern ankommt, ist offen. Aber wenn sich keine zweite Amtszeit ausgeht, geht sich ja vielleicht immer noch der Literaturnobelpreis aus. (Christoph Winder, 1.6.2020)