Als es die Gewässerschutz-Expertin Götsch nicht zuließ, dass ihr der ÖVP-Politiker Josef Geisler ins Wort fällt, nannte er sie "widerwärtiges Luder".

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Innsbruck – Nach dem "Widerwärtiges Luder"-Sager ist es Dienstagfrüh in Innsbruck zu einem Gespräch zwischen dem schwer unter Beschuss geratenen Tiroler ÖVP-Landeshauptmannstellvertreter Josef Geisler und der WWF-Aktivistin Marianne Götsch gekommen. Geisler sprach nach dem Treffen von einem "fachlich guten Gespräch" und meinte: "Ich werde die Causa zum Anlass nehmen, mich zu bessern."

Er habe sich bei Götsch nach seiner "medialen und telefonischen Entschuldigung" nun auch persönlich noch einmal entschuldigt, so Geisler nach dem Treffen im Innsbrucker Büro der Naturschutzorganisation. Die WWF-Vetreterin habe dies "zur Kenntnis genommen". "Ich habe zudem ein Angebot unterbreitet, wie man den WWF künftig fachlich besser einbinden kann", meinte der unter anderem auch für Naturschutz- und Wasserkraftagenden Zuständige.

Nach "Luder"-Beleidigung: Persönliches Gespräch.
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Er habe für sich gelernt, künftig "sorgsamer mit den Dingen umzugehen" und stets darauf zu achten, allen "auf Augenhöhe zu begegnen", so Geisler. Kritik, auch vonseiten des grünen Koalitionspartners, nehme er ernst und zur Kenntnis.

Götsch selbst gab in einem Pressestatement bekannt, dass sie weiterhin der Meinung sei, Geisler müsse zurücktreten. "Die Entschuldigung auf persönlicher Ebene ersetzt weder die notwendige inhaltliche Auseinandersetzung noch die politischen Konsequenzen für den frauenfeindlichen Sager und den abwertenden Umgang mit dem Naturschutz", so Götsch in ihrer auf Twitter veröffentlichten Stellungnahme.

Grüne fordern "Konsequenzen"

Auch für die Grüne Frauensprecherin Meri Disoski ist eine Entschuldigung nur "das Mindeste". Eine explizite Rücktrittsaufforderung äußerten ihre Parteikolleginnen und sie am Dienstag aber nicht. "Es obliegt Herrn Geisler und der Tiroler ÖVP, aus diesem Verhalten entsprechende Schlussfolgerungen zu ziehen". Das Bild, das nun von Tirol vermittelt werde, sei fatal und Geisler habe mit "Herausrederei, Relativierung und Victim Blaming" reagiert.

Auch die Abgeordnete Barbara Neßler, Bezirkschefin der Innsbrucker Grünen, legte dem Koalitionspartner in Bund und Land weitere Schritte nahe: "Die ÖVP muss sich überlegen was das heißt, wenn sie einen ranghohen Politiker mit solcher Gesinnung in ihren Reihen hat."

"Inakzeptables Frauenbild"

"Als zuständiger Landesrat muss Josef Geisler den Naturschutz in Wasserkraftangelegenheiten auf allen Ebenen respektieren, anstatt seine Vertreterinnen öffentlich zu beleidigen. Daher muss der Vorfall auch Konsequenzen haben, die über den unmittelbaren Anlassfall hinausgehen", hatte WWF-Geschäftsführerin Andrea Johanides am Montag gesagt. Und auch Götsch selbst hatte angekündigt, dass sie Geisler bei dem Treffen mitteilen werde, dass dessen Entgleisung ein "inakzeptables Frauenbild" offenbare und einen Umgang mit dem Naturschutz und seinen Vertreterinnen zeige, der für ein hohes politisches Amt untragbar sei. Dies habe sie ihm auch bei dem Telefonat mitgeteilt, bei dem sich Geisler entschuldigte, wofür sie sich wiederum "bedankt" habe. Zudem stieß sich der WWF an den "Verharmlosungen" der Entgleisung durch das "Erklären" des Begriffs "Luada" in der "Süddeutschen Zeitung".

ÖVP-Frauen gegen Rücktritt

Nachdem am Sonntagabend Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) Geislers sexistischen Sager zwar verurteilt, aber keinen Rücktritt gefordert hatte, folgten am Montag weitere prominente ÖVP-Frauen. Frauenministerin Susanne Raab verurteilte die Aussage Geislers "zu 100 Prozent", einen Rücktritt forderte sie nicht. Auch die Chefin der ÖVP-Frauen, Juliane Bogner-Strauß, findet die Entschuldigung Geislers "mehr als notwendig". Rücktrittsforderungen kamen aber auch von ihr nicht. "Insbesondere als politischer Verantwortungsträger sollte man(n) eine Vorbildrolle einnehmen", hieß es von Bogner-Strauß am Montag in einer kurzen Stellungnahme.

Etwas offensiver stellte sich die Tiroler Parteikollegin und Bildungslandesrätin Beate Palfrader hinter ihren Kollegen. Man solle die "gesamte gute Arbeit eines Menschen nicht nach einem einzigen Sager bewerten", sprach sich Bildungslandesrätin Palfrader gegen einen Rückzug ihres Regierungskollegen aus. Der Sager sei aber "indiskutabel". Selbiges hatte am Sonntag auch ÖVP-Landeshauptmann Günther Platter in der ORF-"Pressestunde" kundgetan. Palfrader zeigte sich aber "betroffen" über die Aussage Geislers. "Ich bin aber auch überrascht, weil ich habe Josef Geisler während unserer langjährigen guten Zusammenarbeit kennen- und schätzen gelernt", so die Landesrätin. Sie glaube auch, dass Geisler "selber schockiert" darüber sei.

Rauch-Kallat zweifelt an Geislers Position

Am schärfsten innerhalb der Partei ging am Montag die ehemalige ÖVP-Frauenministerin Maria Rauch-Kallat mit Geisler ins Gericht. "Er sollte sich überlegen, ob er richtig an diesem Platz ist", richtete sie ihrem Parteifreund im Ö1-"Mittagsjournal" aus. Rauch-Kallat nannte Geislers Verhalten "absolut inakzeptabel" und "respektlos". (APA, 9.6.2020)