Dieses historische Foto löste bei Facebooks Algorithmen den "Anzüglichkeits-Alarm" aus.

Foto: New South Wales State Library

Geschichtskenner dürften verwundert aufgehorcht haben, als der australische Premierminister Scott Morrison am vergangenen Donnerstag etwas über die Geschichte seines Landes zu erzählen hatte. In Down Under habe es keine Sklaverei gegeben, erklärte er – und wurde alsbald von zahlreichen Menschen auf sozialen Medien berichtigt.

Tatsächlich wurden über ein halbes Jahrhundert lang, bis hinein in die 1910er-Jahre, sowohl australische Ureinwohner als auch Bewohner südpazifischer Inseln östlich von Australien zur Zwangsarbeit herangezogen. Zum Beleg teilten viele Nutzer unter anderem ein Foto der State Library of Western Australia. Es zeigt eine Gruppe von in Halsketten gelegten Aborigines. Für einige hatte die Verbreitung des Bildes auf Facebook ärgerliche Konsequenzen.

Facebook sperrte Nutzer

Die Erkennung potenziell problematischer Aufnahmen läuft auf dem Netzwerk zum Großteil automatisch ab. In diesem Fall dürfte ebenfalls der Erkennungsalgorithmus über die Stränge geschlagen haben. Er erkannte in dem historischen Foto unzulässige "Nacktheit".

Die Folge: Das Bild wurde gelöscht, und eine Reihe von Nutzern, die es geteilt hatten, fing sich Warnungen und sogar Sperren von bis zu 30 Tagen ein. Das Problem wurde schnell von Medien thematisiert, doch auch das verlief nicht ohne Probleme. So berichtet der "Guardian", dass mehrere Leser ebenfalls von Facebook sanktioniert wurden, nachdem sie einen Link auf einen Artikel über das Problem geteilt hatten, dessen Vorschaubild aus besagtem Foto bestand.

Mittlerweile hat der Konzern nachjustiert und die Aufnahme manuell freigegeben. Es ist nicht das erste Mal, dass ein historisches Bild den Algorithmus außer Tritt bringt. Aber auch bei neueren Bildern kam es in der Vergangenheit immer wieder zu Verwechslungen. So verschwanden etwa schon Fotos der Statue im Bologneser Neptunbrunnen wegen "Anzüglichkeit" oder das Foto eines Hundebabys, das Facebook irrtümlich für einen Penis gehalten hatte.

Morrison gestand Fehler ein

Die digitale Geschichtsstunde hat aber immerhin funktioniert. Schon einen Tag später ruderte Scott Morrison zurück und entschuldigte sich für seine Aussagen. Es sei ihm fern gelegen, die "abscheulichen Praktiken" zu leugnen, zumal diese auch gut dokumentiert seien.

Er habe eigentlich auf die Gründungsprinzipien des Bundesstaates New South Wales verweisen wollen, die zumindest offiziell keine gesetzliche Grundlage für legalen Sklavenhandel geboten hatten. Tatsächlich hatte man es lange vermieden, das sogenannte "Blackbirding" als "Sklaverei" zu bezeichnen. (gpi, 16.6.2020)