Wien-Neubau erklärt sich zum sicheren Hafen für Geflüchtete. Auch die Josefstadt soll noch vor dem Sommer folgen. Mariahilf plant einen runden Tisch dazu.

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Der siebente Wiener Gemeindebezirk soll der erste "sichere Hafen" für Geflüchtete in Österreich werden. Das hat die Bezirksvertretungssitzung Neubau am Donnerstagabend mit den Stimmen von Grünen, SPÖ sowie Teilen der Neos beschlossen. In dem Antrag der Grünen spricht sich Neubau für die Forderungen der Initiative Seebrücke aus. Darunter: Solidarität mit Menschen auf der Flucht, der Einsatz für sichere Fluchtwege und die Unterstützung der Seenotrettung. Außerdem spricht man sich im Bezirk für "Bleibeperspektiven" und gegen Abschiebungen aus.

Zudem bekennt sich Neubau dazu, Plätze für die schnelle und unkomplizierte Aufnahme und Unterbringung von aus Seenot geretteten Menschen zur Verfügung zu stellen. "Wir haben Platz. Wir sind bereit, Menschen auf der Flucht im Bezirk aufzunehmen und unterzubringen", sagt dazu der Neubauer Bezirksvorsteher Markus Reiter (Grüne). Dass die Bewohnerinnen und Bewohner des Siebenten dazu bereit sind, habe man schon im Jahr 2015 bewiesen. "Ich bin sicher, sie würden das heute wieder tun", sagt Reiter.

Weitere Bezirke sollen folgen

Nach Neubau sollen weitere Bezirke folgen. In der Josefstadt wollen die Grünen noch vor dem Sommer ähnliche Anträge beschließen. "Wir wollen mit der Diskussion zeigen, dass die Bezirke bereit dafür sind. Es ist ein wichtiges Zeichen, dass sich die Bezirke dazu bekennen", sagt Lena Köhler, grüne Bezirksrätin in der Josefstadt. Köhler ist optimistisch, dass sich die Josefstädter Bezirksräte für ihren Antrag aussprechen – trotz türkiser Bezirksvorstehung halten Rot und Grün gemeinsam 20 der 40 Mandate.

"Wir stellen uns gegen alle Abschiebungen, die oft Folter und Tod bedeuten", sagt Köhler. Zwar sind die Kompetenzen des Bezirks formal begrenzt, es sei aber eine "wichtige Willensbekundung", mit der "Druck aufgebaut" werden solle.

Auch in Mariahilf ist die Bezirksvorstehung bereits in Kontakt mit der Seebrücke. Im Sechsten ist etwa ein gemeinsamer runder Tisch geplant. In Meidling und Penzing folgen entsprechende Anträge der Grünen in den jeweils nächsten Bezirksvertretungssitzungen im Herbst.

Solidarität mit Geflüchteten

138 deutsche Kommunen und Städte, Landkreise und Gemeinden haben sich bereits zu sicheren Häfen erklärt. Ziel des zivilgesellschaftlichen Bündnisses ist es, "von unten Solidarität mit Geflüchteten zu verankern", sagt Jakob Frühmann von der Seebrücke. So solle der "Kurs der Bundesregierung verändert und grundlegend infrage gestellt" werden. Denn: "Wir glauben, dass viele Gemeinden das anders sehen. Und nicht d'accord sind mit dem Kurs der Bundesregierung."

Die Bemühungen des Bündnis würden langsam Früchte tragen. Kommende Woche soll auch die erste Gemeinde im niederösterreichischen Bezirk St. Pölten zum sicheren Hafen werden. "Das Bekenntnis von Bezirken und Gemeinden ist ein kleiner Schritt Richtung Kurswechsel. Es ist zunächst symbolisch, aber es sind in den Anträgen auch sehr konkrete Maßnahmen vorgesehen", sagt Führmann. Auf deren Umsetzung wolle das Bündnis genau achten. "Wir werden nun kritisch darauf schauen, was nach den Anträgen passiert", sagt Frühmann. (Oona Kroisleitner, 26.6.2020)