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Wien – Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) vermutet Einfluss aus der Türkei hinter den Krawallen bei Demonstrationen in Wien-Favoriten. Dem soll nun auch eine Gruppe nachgehen, die sich unter anderem aus Verfassungsschutz, Bundeskriminalamt und Landeskriminalämtern rekrutiert, berichtete der Ressortchef am Sonntag in der ORF-"Pressestunde".

Nehammer sprach von einer außergewöhnlichen Gewaltbereitschaft bei den Angriffen vor allem türkisch-stämmiger Männer gegen eine linke kurdische Demonstration. Selbst massive Polizeihunde seien mit Steinen attackiert worden.

Innenminister Karl Nehammer über die Ausschreitungen in Wien-Favoriten und die Grauen Wölfe.
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Aufgefallen sei dem Verfassungsschutz, dass es auch Personen gegeben habe, die die Ereignisse mit professionellem Equipment gefilmt hätten. Wer hier dahinter steckt, werde man Nachschau halten. Es dürfe keinesfalls passieren, dass Vereine von einem ausländischen Staat instrumentalisiert werden, für Unruhe zu sorgen und das Versammlungsrecht bedrohen zu wollen.

Nehammer bestreitet, nur Wien gemahnt zu haben

Was das Coronavirus angeht, bestritt Nehammer, dass er hier mit unterschiedlichen Leisten messe. Dass er in Wien gemahnt habe und in Oberösterreich mit den neuen Clustern nicht, liege nur daran, dass man in letzterem Bundesland eine Kooperation der Gesundheitsbehörden mit der Polizei befürwortet habe, in der Bundeshauptstadt zum damaligen Zeitpunkt aber noch nicht. Mit dem Wien-Wahlkampf habe das nichts zu tun gehabt, er denke hier gar nicht über Parteipolitik nach.

Bezüglich einer Generalamnestie für Corona-Strafen zeigte sich der Innenminister distanziert. Nehammer verwies auf die rechtlichen Möglichkeiten, wenn sich jemand zu Unrecht gestraft fühle. Die Polizei habe sich jedenfalls an die vom Gesundheitsministerium vorgegebenen Verordnungen gehalten. Die Neos wiederholten daraufhin in einer Reaktion ihre Forderung, die Corona-Strafen zu erlassen.

Graue Wölfe offenbar zu Krisensitzung geladen

Für Wirbel sorgte am Wochenende jedoch eine anderes Vorhaben Nehammers. Gemeinsam mit Integrationsministerin Susanne Raab (ebenfalls ÖVP) kündigte Nehammer am Samstag an, türkische und kurdische Vereine zu einer Krisensitzung ins Kanzleramt zu laden, darunter auch die Türkische Föderation, dem Ableger der Grauen Wölfe in Österreich. Man wolle die Vereine nach den Vorfällen in Favoriten in die Pflicht nehmen und auf ihre Verantwortung und die Notwendigkeit einer Zusammenarbeit hinweisen, hieß es. In der "Pressestunde" am Sonntag bestritt Nehammer dies nun.

Vor allem linke Aktivisten aber unter anderem auch die SPÖ-Abgeordnete Sabine Schatz kritisieren die verlautbarte Einladung der rechtsextremen Gruppierung seit Samstag auf Twitter. Der SPÖ-Sicherheitssprecher Reinhold Einwallner sagte in einer Aussendung am Sonntag, die rechtsextremen Grauen Wölfe seien für die Angriffe auf Demonstrationen in Favoriten verantwortlich und dürften nicht ins Kanzleramt eingeladen werden. Man wolle nun klären, ob diese Einladung tatsächlich erfolgt sei. Er forderte im Hinblick darauf auch, dass "der unter Schwarz-Blau abgeschaffte Rechtsextremismusbericht in Österreich wieder eingeführt wird".

Blümel kritisierte 2016 Einladung der Grauen Wölfe

Publik wurde zudem eine Aussendung vom jetzigen Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) aus 2016, in welcher er die Teilnahme eben jener Türkischen Föderation an einem Treffen mehrerer islamischer Vereine im Bundeskanzleramt scharf kritisierte. "Graue Wölfe im Bundeskanzleramt sind untragbar, generell ein fatales Signal und gerade in der aktuellen Situation gefährliche Provokation", wird der damalige und heutige Obmann der Wiener ÖVP zitiert.

Die FPÖ forderte hingegen ganz andere Maßnahmen als Reaktion auf die Ausschreitungen durch die Grauen Wölfe bei den Demonstrationen in Favoriten: Der freiheitliche Generalsekretär Michael Schnedlitz forderte in einer Aussendung Demoverbote und ein hartes diplomatisches Vorgehen gegen die Türkei. (APA, red, 5.7.2020)