Bernd Schrittesser entwickelt Polymerwerkstoffe und Dichtungen für Wasserstofftanks.
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Wasserstoff gilt als einer der großen Hoffnungsträger für den Treibstoff der Zukunft. So verlockend die Idee eines Brennstoffs mit hoher Energiedichte und Wasserdampf als einzigem Verbrennungsprodukt sein mag, so viele Hindernisse stehen aber noch vor einem möglichen flächendeckenden Einsatz. Im Rahmen der vom Klima- und vom Digitalisierungsministerium finanzierten Comet-Module unterstützt die österreichische Forschungsförderungsgesellschaft besonders risikoreiche Forschung, die deutlich über den bisherigen Stand der Technik hinausgeht.

Anfang dieses Jahres startete mit "Polymers4Hydrogen" so ein Projekt am Polymer Competence Center Leoben (PCCL). Das Team unter Leitung von Bernd Schrittesser widmet sich dem Problem der Wasserstoffspeicherung und entwickelt Polymerwerkstoffe und Dichtungen für den Einsatz unter hohem Druck.

Wasserstoff als Treibstoff würde sich vor allem im Bereich Schwerlasttransporte, Eisenbahnen und Schifffahrt anbieten, während Elektrizität als Energiequelle auf kürzeren Strecken und zusätzlicher Pufferspeicher dienen würde. Aktuell eingesetzte Wasserstofftanks bestehen aus einem Innen-Liner, der das Gas im Tank hält und mit einem faserverstärkten Kunststoff umwickelt wird, der dem Druck standhält. Die Sperrwirkung gegenüber der Permeation des Wasserstoffs, also dem Ausdringen der kleinen Gasmoleküle durch das Innenmaterial, ist der Schlüssel zur Vermeidung von Speicherverlusten. Im neuen Projekt wird versucht, die Funktionen der beiden Schichten zu kombinieren. Schrittesser: "Wir möchten einen Schritt weitergehen und die Sperrwirkung in den Faserverbundwerkstoff integrieren."

Wiederverwertbare Kerne entwickeln

Ohne Innen-Liner wiederum werden Kerne als Schablonen benötigt, um die die Hülle gewickelt werden kann und die die Tankform vorgeben. Diese werden nach dem aktuellen Stand der Technik nach der Herstellung aus dem Bauteil chemisch herausgelöst. Ziel ist es, wiederverwertbare Kerne zu entwickeln, um auch diesen Verarbeitungsschritt zu optimieren.

Ein weiterer Forschungsschwerpunkt besteht darin, das wissenschaftliche Fundament zu entwickeln, wie sich die Extrembedingungen von über 700 bar und –40 °C auf die Polymerwerkstoffe auswirken. "Speziell der Einfluss auf die Materialeigenschaften selbst sowie auf das Permeationsverhalten der Gasmoleküle im Polymer stellen wissenschaftliches Neuland dar", beschreibt der 35-Jährige die Herausforderungen. Neue Simulationsstrategien werden entwickelt, um die Eigenschaften berechnen zu können.

Das Projekt "Polymers4Hydrogen" ist für vier Jahre angelegt."Wir versuchen, Prototypen zu entwickeln, die vor Serienreife sind, und den Firmenpartnern Tools in die Hand zu geben, die sie für das Upscaling benötigen", sagt Schrittesser über die Ziele.

Nicht nur das PCCL ist mit ihrem Hauptgesellschafter, der Montanuniversität Leoben, eng verbunden, auch Schrittesser selbst absolvierte Studium und Dissertation in der Obersteiermark. Dort geht der gebürtige Burgenländer aus dem Bezirk Mattersburg gerne wandern und lebt im nahen Bruck an der Mur mit seiner seit kurzem dreiköpfigen Familie. (pkm, 11.7.2020)