Lookman Adekunle Salami alias L.A. Salami.

Foto: Diane Sagnier

Heutzutage ist es sicherlich etwas ungewöhnlich, wenn sich ein junger Brite mit nigerianischen Wurzeln ausgerechnet auf Bob Dylan als Haupteinfluss beruft. Ähnlich wie Dylan selbst auf seinem aktuellen Spätwerk Rough And Rowdy Ways eine wortgewaltige Bilderflut auf seine Hörer niederkommen lässt, gestalten sich auch die Songs auf L.A. Salamis Album The Cause Of Doubt & A Reason To Have Faith.

Wo Dylan allerdings die Gründe für die heutige Misere in alten Bildern aus der US-amerikanischen Popkultur sucht, steht der hippe, 1987 geborene Mann fest im Hier und Heute. Lookman Adekunle Salami, kurz L.A. Salami, heißt tatsächlich so. Er wurde im migrantischen Londoner Stadtteil Peckham geboren. Er schreibt oft ellenlange Spoken-Word-Poems in der Schule klassischen Storytellings alter Folksänger, wie er auch dem Stream of Consciousness vertraut. Die Poesie steht also erst einmal im Vordergrund.

L.A. Salami

Nach einer langen Zeit, in der er auf die Mundharmonika als dem sprachlichen Vortrag etwas undienliches Begleitinstrument vertraute, sattelte er spät auf die Gitarre um. Als Autodidakt entwickelte L.A. Salami dabei einen Personalstil, der dem mäandernden Textwerk und seinem Sprach-Flow sehr entgegenkommt.

Sanfter folkiger und rauchiger Soul im Stile Altvorderer wie Sixto "Sugarman" Rodriguez oder Terry Callier trifft dabei auf eine Jugend, die ohne Hip-Hop oder elektronische Clubmusik nicht vorstellbar gewesen wäre. Im Stück The Cage etwa hört man deutliche Einflüsse von alten Helden wie The Streets. Über elektronisch verfremdeten Jazzsamples rappt L.A. Salami über Tweeteria und Meinungsbildung, über Gehirnquarantäne, Nietzsches Übermensch, das Alte Testament und so weiter und so fort.

LASalamiVEVO

An anderer Stelle geht es im Stück Dear Jessica Rabbit um die #MeToo-Debatte. Im Track When You Play God (The 2018 Copyright Blues) werden männliche Hybris, testosteronhaltiger Größenwahn, Game of Thrones und Hasspredigten irgendwo in der Mitte zwischen den auftretenden Protagonisten Rasputin, Putin und Kanye West verhandelt: "Maybe Kanye West is insane / But maybe he’s not always wrong."

Das ist gleichzeitig brüllend hip wie trotzdem gut. Man wird textlich überfordert, gleichzeitig erklingt sommerlich leichte Begleitmusik. L.A. Salami nennt das "vorsintflutliche Fahrstuhlmusik" nach Art eines Drunken Master-Films von Kung-Fu-Komiker Jackie Chan. Na ja. Die Lektüre des Textblatts während des Hörens empfiehlt sich unbedingt. (Christian Schachinger, 10.7.2020)