Am Sonntag soll eine Entscheidung fallen: Maskenpflicht ja oder nein.

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Das Wichtigste in Kürze:

  • Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) kündigt eine Entscheidung über eine mögliche zweite Maskenpflicht für Sonntag an.
  • In den vergangenen 24 Stunden wurden in Österreich 134 Neuinfektionen dokumentiert, die meisten davon in Wien.
  • Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) kündigt einen 17-Punkte-Aktionsplan an. Teil davon sollen ein Ampelsystem und schnellere Tests sein.
  • In den niederösterreichischen Clustern im Umfeld der "Pfingstkirche Gemeinde Gottes" und des Schlachtbetriebs in Eggenburg gibt es weitere Erkrankungen. Der Polizei-Cluster in Salzburg zählt sieben positive Fälle.
  • Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) denkt über eine "Teilamnestie" bei den Corona-Strafen nach. Eine wie von der Opposition geforderte Generalamnestie weist er als "paradox" zurück.
  • Die WHO meldete am Samstag einen Rekordanstieg bei den weltweiten Corona-Infektionen: 259.648 neue Erkrankungen wurden in den letzten 24 Stunden registriert.
  • US-Präsident Donald Trump erwägt trotz neuen Rekords bei Neuinfektionen (77.638) weiter keine nationale Maskenpflicht. Frankreich führt sie am Montag ein.
  • Indien meldet nach den USA und Brasilien als drittes Land mehr als eine Million festgestellte Corona-Infektionen.

Kurz kündigt Entscheidung zu Maskenpflicht für Sonntag an

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat angesichts steigender Zahlen von Corona-Infizierten für den kommenden Sonntag eine Entscheidung über eine etwaige Maskenpflicht angekündigt. In der "ZiB 2" teilte Kurz mit, dass er an diesem Tag ein Gespräch mit dem Vizekanzler und den zuständigen Ministern führen werde. Bis Sonntag werde man die Zahlen sehr genau beobachten und dann eine Entscheidung treffen. Laut "Krone" soll das Comeback der Maskenpflicht fix sein.

Die Maskenpflicht sei "definitiv eine Möglichkeit, etwas, das notwendig werden kann", sagte der Kanzler. Eine Maskenpflicht alleine werde aber nicht ausreichen, darüber hinaus brauche es ein zielgerichtetes Vorgehen in den Bezirken. Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) unterstrich am Samstag: "Wir wollen eine zweite Welle mit aller Kraft vermeiden."

Kurz-Auftritt in der ZiB2 am Freitag.
ORF

Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) hatte sich zuletzt zur Thematik schon geäußert: "Für eine bundesweite allgemeine Maskenpflicht muss noch einiges passieren. Die Debatte zur Maskenpflicht in den Supermärkten ist davon aber zu unterscheiden." Diese Frage sei deshalb eine andere, "weil jeder dorthin muss. Ob ich in ein Fußballstadion gehe oder nicht, kann ich mir hingegen selbst aussuchen." Für Kogler ist eine Maskenpflicht im Supermarkt überlegenswert, wie er kürzlich sagte.

Aktuell gibt es keine einheitliche Verpflichtung, was das Tragen des Mund-Nasen-Schutzes betrifft. Es sind regionale Regelungen in Oberösterreich, in Salzburg und in Kärnten in Kraft. Bundesweit muss die Maske in den Öffis, in Arztpraxen und Krankenhäusern, in Apotheken, bei Dienstleistungen ohne Mindestabstand, sowie in bestimmten Bereichen von Indoor-Veranstaltungen angelegt werden.

Auch die SPÖ ist für eine Rückkehr zum Maskentragen in Supermärkten, wie heute in einer Aussendung neuerlich betont wurde. "Jeder muss in den Supermarkt gehen, um sich mit Lebensmittel zu versorgen. Auch Risikogruppen können sich das nicht aussuchen. Allerdings kann der Sicherheitsabstand aufgrund der örtlichen Gegebenheiten nicht immer eingehalten werden. Da hilft nur eine Maskenpflicht", sagte Gesundheitssprecher Philip Kucher. Auch die Österreichische Ärztekammer plädierte zuletzt für eine weitreichende Wiedereinführung der Maskenpflicht.

Steigende Zahlen in Österreich – Anschober kündigte 17-Punkte-Aktionsplan an

In Österreich ist die Zahl der Corona-Neuinfektionen wieder gestiegen. Innerhalb der vergangenen 24 Stunden wurden österreichweit 134 Neuinfektionen gemeldet. Damit stieg die Gesamtzahl der bisher diagnostizierten Coronavirus-Fälle am Samstag auf 19.573. Aktiv infiziert sind 1.361 Menschen in Österreich.

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) kündigte am Freitag einen 17-Punkte-Aktionsplan an, von dem ein Teil schon im Sommer im Ministerrat beschlossen werden soll. Im Mittelpunkt steht das geplante Ampelsystem, das mehr Transparenz bei den Maßnahmen bringen soll.

Gesundheitsminister Anschober und Virologin Puchhammer-Stöckl gaben am Freitag eine Pressekonferenz.
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Weitere Fälle in niederösterreichischen Clustern

In den niederösterreichischen Clustern sind am Samstag weitere Coronavirus-Infektionen bestätigt worden. Die Zahl der Erkrankten um die Freikirche "Pfingstkirche Gemeinde Gottes" in Wiener Neustadt kletterte um vier auf 26, zwei weitere Erkrankte seien im Burgenland gemeldet und fallen unter die dortige Zuständigkeit.

Eine der vier positiv getesteten Personen ist dem Sprecher zufolge eine Krankenschwester des Landesklinikum Wiener Neustadt. Die Station des Spitals sei daraufhin für Besucher gesperrt worden.

Beim Cluster des Schlachthofs in Eggenburg (Bezirk Horn) ist ein weiterer Folgefall aufgetreten, somit seien derzeit 38 Mitarbeiter und vier weitere Personen infiziert.

Die Ausweitung der Maskenpflicht ist in Niederösterreich trotz der Cluster kein Thema. Laut Sanitätsdirektorin Irmgard Lechner funktioniere das Contact Tracing bisher gut.

Polizei-Cluster in Salzburg: Sieben positive Fälle

Nach dem Auftreten eines Covid-Clusters in zwei Polizeiinspektionen in der Stadt Salzburg ist nach Auswertung aller 101 Testergebnisse bei sieben Beamten eine Covid-19-Infektion nachgewiesen worden. Wann die zwei vorübergehend geschlossenen Polizeiinspektionen am Hauptbahnhof und im Stadtteil Itzling wieder geöffnet werden, werde am Montag entschieden, sagte ein Polizeisprecher am Samstag zur APA.

Von den sieben infizierten Beamte sind sechs von der Polizeiinspektion am Hauptbahnhof und einer von Itzling.

Kogler kann sich "Teilamnestie" für Corona-Strafen vorstellen

Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) kommt der Opposition bezüglich deren Forderung nach einer Generalamnestie bei Coronastrafen einen Schritt entgegen. In einem Interview mit den "Vorarlberger Nachrichten" kann er sich "eine Art Teilamnestie" vorstellen. Das sei derzeit aber noch kein Thema.

Eine Generalamnestie wäre für Kogler "paradox", weil man jetzt auch über eine neue Maskenpflicht rede. Der Vizekanzler ist "schon dafür, dass Strafen refundiert werden, wenn die Exekutive zu Unrecht Mandate verhängt hat. Zunächst werden sich die Gerichte aber mit Einzelfällen befassen müssen. Wenn sich dort rausstellt, dass bestimmte Kategorien wackelig sind und sich ein Muster ergibt, kann man eine Art Teilamnestie machen. Davon sind wir aber noch weit entfernt", betont Kogler. Er vergleicht das "mit Radaranlagen, die unscharf sind. Nur weil der Toleranzbereich einmal größer und einmal kleiner ist, werden wir nicht alle Radarstrafen für Raser erlassen."

WHO meldet neuen Rekordanstieg

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) meldete am Samstag einen neuen Rekordanstieg bei den Corona-Infektionen: In den vergangenen 24 Stunden seien weltweit fast 259.848 neue Erkrankungen registriert worden. Die bisher größte Zahl von Neu-Infektionen binnen eines Tages hatte die UN-Gesundheitsorganisation am Sonntag mit gut 230.000 Fällen verzeichnet.

Zuletzt habe die Zahl der neu registrierten Erkrankungen vor allem in den USA, Brasilien, Indien und Südafrika zugenommen, so die WHO.

Trump erwägt keine nationale Maskenpflicht

Die USA haben am dritten Tag in Folge einen Rekordanstieg bei den Coronavirus-Infektionen verzeichnet. Binnen 24 Stunden wurden 77.638 Neuinfektionen registriert, wie aus einer Zählung der Johns-Hopkins-Universität in Baltimore am Freitagabend hervorgeht.

US-Präsident Donald Trump erwägt dennoch keine nationale Maskenpflicht. Auf eine entsprechende Frage in einem Interview mit Fox News antwortete Trump: "Nein, Ich möchte, dass die Menschen gewisse Freiheiten haben."

Der US-Seuchenexperte Anthony Fauci hatte vor kurzem führende Politiker einzelner Bundesstaaten und Städte aufgefordert, ihre Bürger so nachdrücklich wie möglich zum Tragen von Masken zu drängen. Trotz Rekord-Neuinfektionen finden die USA beim Mund- und Nasenschutz bisher keine gemeinsame Linie. Derzeit gilt in etwa der Hälfte der Bundesstaaten eine Maskenpflicht, und innerhalb der Bundesstaaten gibt es Streit darüber. Auch Hollywood-Stars riefen in einer Kampagne die Bürger zum Tragen von Masken auf.

In einer Strafanstalt in Seagoville, Texas, haben sich einem Bericht des Senders NBC zufolge 1.072 der 1.798 Insassen infiziert. Auch zehn Angehörige des Wachpersonals seien positiv getestet worden.

Governor Andrew M. Cuomo

Frankreich setzt auf Masken im Kampf gegen zweite Welle

Frankreich führt ab Montag eine weitgehende Maskenpflicht ein, um eine zweite Virus-Welle zu verhindern. In Geschäften und Banken sowie auf öffentlichen Plätzen und überdachten Märkten müssten ab dem 20. Juli Masken getragen werden, twittert Gesundheitsminister Olivier Veran am Samstag.

Deutschland: 66 Infektionen bei Schlachthof im deutschen Lohne

66 Menschen sind in einem Wiesenhof-Hähnchenschlachthof im niedersächsischen Lohne positiv auf das Coronavirus getestet worden. Das teilte der Landkreis Vechta am Samstagabend mit. Insgesamt wurden 1.046 Abstriche genommen.

Die sogenannte Sieben-Tage-Inzidenz liegt damit bei 41,13 pro 100.0000 Einwohner. Als Grenzwert für Einschränkungen des öffentlichen Lebens gilt der Wert 50.

Rouhani: 25 Millionen Iraner könnten infiziert sein

Im Iran könnten deutlich mehr Menschen mit dem Virus infiziert sein als offiziell bekannt. Schätzungen aus dem Gesundheitsministerium zufolge könnten rund 25 Millionen und damit etwa 30 Prozent der Bevölkerung betroffen sein, sagte Präsident Hassan Rouhani am Samstag im staatlichen Fernsehen.

Positiv getestet sind im Iran laut amtlichen Angaben bisher knapp 272.000 Bürgerinnen und Bürger. Die Regierung verschärfte am Samstag im Kampf gegen das Virus bestimmte Beschränkungen für die Bevölkerung wieder.

Tausende Israelis demonstrieren gegen Regierungspolitik

Tausende von Israelis haben am Samstag gegen den Kurs der Regierung von Benjamin Netanyahu in der Corona-Krise demonstriert. Zahlreiche Menschen versammelten sich am Abend in einem Tel Aviver Park am Mittelmeerstrand. In Jerusalem protestierten Mitglieder der Bewegung "Schwarze Flaggen" gegen den Ministerpräsidenten.

Die Demonstranten in Tel Aviv warfen der politischen Führung vor, sie sei korrupt und habe sich vom Volk entfernt. Sie hielten Plakate in die Höhe, auf denen Slogans wie "Corona-Diktatur" und "Wirtschaftliche Sicherheit für uns alle!" standen.

Netanyahu hatte zwar ein milliardenschweres Hilfspaket zur Linderung des finanziellen Drucks während der Corona-Krise vorgestellt sowie Einmalzahlungen für alle Bürger angekündigt. Die Maßnahmen wurden jedoch von vielen als ungenügend und fehlgeleitet kritisiert. Die Arbeitslosenquote lag zuletzt bei mehr als 20 Prozent.

Die Zahl der Neuinfektionen mit dem Coronavirus in Israel stieg zuletzt auf immer neue Rekordwerte. In der Nacht zum Freitag beschloss die Regierung, an Wochenenden müsse ein Corona-Lockdown gelten. Es wurden erneut Einschränkungen für Versammlungen und Restaurants verhängt. Viele Restaurantbesitzer wollen jedoch gegen die Vorschriften rebellieren.

Großbritannien stoppte tägliche Updates von Todesfällen

Die britische Regierung hat die tägliche Aktualisierung der Todesfallzahlen durch die Coronavirus-Pandemie vorübergehend gestoppt. Das teilte das Gesundheitsministerium in London am Freitagabend mit. Grund sei, dass die Statistik für England nicht berücksichtigt, ob Infizierte tatsächlich an der Lungenkrankheit Covid-19 oder an einer anderen Ursache gestorben sind.

Bis diese Ungenauigkeit behoben sei, werde die Zahl der täglichen Todesfälle nicht mehr veröffentlicht, hieß es auf der Webseite des Ministeriums.

Bisher wurden in Großbritannien mehr als 45.000 Todesfälle bei nachweislich mit dem Coronavirus Infizierten gezählt. Das Vereinigte Königreich gilt damit als das von der Pandemie am schwersten betroffene Land Europas. Ob die nun in der Zählweise erkannte Schwäche diese Zahl erheblich reduziert, gilt aber als zweifelhaft.

Indien drittes Land mit mehr als einer Million Corona-Fällen

Indien meldet nach den USA und Brasilien als drittes Land mehr als eine Million festgestellte Corona-Infektionen. Das Virus hat sich in den vergangenen Wochen rasch von den Großstädten aufs Land und in kleinere Städte verbreitet. Am Freitag meldeten die indischen Behörden 34.956 Neuinfektionen. Damit stieg die Zahl der nachgewiesenen Fälle binnen 24 Stunden auf 1.003.832. Bislang starben nach offiziellen Angaben 25.602 Menschen an oder mit dem Virus. Experten befürchten, dass Indien der Höhepunkt noch bevorsteht. Mit einer Million Ansteckungsfällen stehe das Land gemessen an seinen 1,3 Milliarden Einwohnern noch vergleichsweise gut da, sagen Experten.

Fast 78.000 Tote in Brasilien

Das Coronavirus breitet sich in Brasilien weiter aus. Das Gesundheitsministerium meldete am Freitag (Ortszeit) 34.177 Neuinfektionen. Damit steigt die Gesamtzahl der Ansteckungen auf 2,046 Millionen. Die Zahl der Todesfälle legte binnen 24 Stunden um 1.163 auf 77.851 zu.

(red, 18.7.2020)