Eine Genfer Privatbank haftet nicht für unrechtmäßige Abbuchungen von einem Kundenkonto, da sie kein schwerer Fehler trifft. Dies hat das Schweizer Bundesgericht entschieden. Hacker hatten sich Zugang auf das Mailkonto eines Kunden verschafft und Überweisungen auf von ihnen bestimmte Konten veranlasst.

Das oberste Gericht der Schweiz hat in einem am Dienstag veröffentlichten Urteil einen Entscheid des Genfer Kantonsgerichts aufgehoben. Dieses hatte die Bank verpflichtet, dem Kunden rund 320.000 Euro und 185.000 US-Dollar (etwa 157.000 Euro) zu erstatten.

Bundesgericht hebt Urteil der Vorinstanz auf

Das Kantonsgericht war im Oktober 2019 zum Schluss gekommen, dass der Bank die betrügerischen Zahlungsaufträge früher hätten auffallen müssen. Das Geldinstitut habe somit einen schweren Fehler begangen und hafte für den Schaden des Kunden.

Das Bundesgericht hat nun ausgeführt, die entsprechende Schadensgeschäftsklausel im Vertrag zwischen der Bank und dem Kunden sei anwendbar. Sie sieht vor, dass die Bank per Telefon, Fax oder E-Mail erteilte Aufträge sofort ausführen darf, auch wenn sie nicht schriftlich bestätigt wurden.

Das Risiko hinsichtlich der Identifikation und für Übermittlungsfehler trägt der Kunde. Die Bank haftet nur, wenn sie einen schweren Fehler begeht.

Schwer erkennbar

Laut Bundesgericht muss eine Bank nicht systematisch davon ausgehen, dass eine von einem Mailkonto des Kunden verschickte Nachricht missbräuchlich sein könnte. Der Vertrag habe im konkreten Fall auch nicht vorgesehen, dass der Kunde vor der Ausführung jedes Auftrags telefonisch kontaktiert werden sollte.

Der Kunde hatte während der gut einjährigen Geschäftsverbindung immer per Mail oder Telefon mit der Bank kommuniziert. Vor den betrügerischen Aufträgen hatte er zudem selbst zwei Zahlungsaufträge mittels E-Mail erteilt, schreibt das Höchstgericht. Danach wurden zwischen Dezember 2015 und Jänner 2016 acht Aufträge von den Hackern verschickt.

Hinzu kommt laut den Lausanner Höchstrichtern, dass die betrügerischen Überweisungen an bekannte Banken in Großbritannien gingen und nicht an exotische Einrichtungen, bei denen die Privatbank hätte Verdacht schöpfen müssen. (APA, 28.07.2020)