Eine Initiative wünscht sich eine unverbaute "grüne Lunge" in der Mitte des geplanten "Leopoldquartiers". Derzeit sind dort auch Parkplätze.

Foto: Robert Newald

Es ist eine begehrte Gegend: Im zweiten Wiener Gemeindebezirk, direkt beim Donaukanal und in der Nähe der U-Bahn-Station Rossauer Lände, befindet sich ein zum Teil noch unbebauter Fleck. Nach nur wenigen Metern erreicht man in die eine Richtung den Augarten, in die andere Richtung ist der erste Bezirk nur einen Steinwurf entfernt.

Eine Tatsache, die auch den Projektentwicklern von UBM ins Auge gestochen ist: Denn unter ihrer Planung soll an der Adresse Obere Donaustraße 23–29 das sogenannte Leopoldquartier entstehen. Das 23.000 Quadratmeter große Areal, das derzeit von mehreren Bürogebäuden, einer Hochgarage und bestehenden Wohnanlagen flankiert wird, soll neu genutzt werden. Die Bürogebäude und die Garage sollen abgerissen werden.

Die Pläne, mit denen UBM voriges Jahr an die Öffentlichkeit ging, waren durchaus bemerkenswert: Ein Hotel mit 700 Zimmern, 500 Business-Appartements sowie 200 Wohnungen sollten dort entstehen. Es wäre laut Angaben des Unternehmens nach seiner Realisierung das größte Hotelprojekt von UBM gewesen. Als Nachbarn ein paar Monate später entsprechende Postwurfsendungen im Briefkasten hatten, staunte man nicht schlecht, sagt Anrainerin Marion Pössl: Ein Projekt in dieser Größenordnung sei auf dieser Fläche sehr schwer vorstellbar. Die Bürgerinitiative "Lebenswertes Leopoldgrätzl", deren Sprecherin Pössl heute ist, sammelte seither Unterschriften gegen den Plan und fordert eine "Redimensionierung" des Vorhabens.

Neuer Nutzungsmix

Redimensioniert wird nun zwar nicht im engeren Sinne, aber die Corona-Krise habe die Pläne des Unternehmens doch verändert, wie UBM auf STANDARD-Anfrage mitteilt: Das derzeitige Bebauungskonzept sehe kein Hotel mehr vor, sondern einen "anderen Nutzungsmix". Dass an diesem Standort nun kein Hotel umgesetzt werde, habe auch damit zu tun, dass die Krise insbesondere den Hotelmarkt und damit auch die Investorennachfrage nach Hotelimmobilien negativ beeinflusse.

Damit könnte die Bürgerinitiative, die sich vor allem beständige Nachbarn und sozial geförderten Wohnbau wünscht, einem wesentlichen Anliegen näher gekommen sein. Eine Redimensionierung im Sinne einer Verkleinerung sei allerdings nicht geplant, heißt es von UBM. Offen sei allerdings noch die Frage, welche Nutzungsform – die servicierten Business-Appartements oder die Wohnungen – erweitert werde.

Städtebaulicher Wettbewerb

Derzeit findet ein städtebaulicher Wettbewerb statt, die Ergebnisse der verschiedenen Vorschläge werden am Mittwoch von einer Jury begutachtet. Ende August soll eine öffentliche Ausstellung folgen. In die städtebaulichen Rahmenvorgaben der Stadt Wien sind auch Anliegen der Initiative eingearbeitet worden. Nach diesen richte man sich "strikt", heißt es von UBM. Dort ist etwa zu lesen, dass ebenso ein "Grün- und Freiraumkonzept mit differenziertem Angebot" wie auch "ausreichend unversiegelte Flächen" geschaffen werden sollen. Und: Es soll zu einer "maßvollen Dichte durch die Umverteilung der Kubatur" kommen, die Bruttogeschossfläche dürfe nicht erhöht werden.

Das könnte bedeuten, dass die jetzige "freie Mitte" erhalten bleibt und stärker begrünt wird. Auch dass die Bäume bleiben, ist eine Forderung der Initiative. Pössl, die selbst Architektin ist, kritisiert aber auch die zum Teil vagen Vorgaben etwa in puncto Bebauungsgrad, die sehr viel Spielraum für die Planung zulassen würden. Auch an der Vorgabe der "differenzierten Höhenentwicklung" der Gebäude mit "punktuellen Akzentuierungen" bis 35 Metern stößt sich die Initiative. Das sei "viel zu hoch", und würde nicht nur das Stadtbild stören, sondern auch den angrenzenden Wohnbauten Licht wegnehmen, sagt die Anrainerin. Es gehe um eine "sinnvolle Umverteilung zugunsten eines Gewinns an Freiflächen und Zugänglichkeit", heißt es dazu seitens der Stadt. Punktuelle Akzentuierungen bis 35 Meter seien zwar möglich, aber nur unter der Voraussetzung, dass es eine "stimmige Gesamtlösung" gebe.

Abriss im Winter

Auch auf Bezirksebene wurde bereits über das Projekt diskutiert. Zuerst die SPÖ und dann auch die Grünen setzten sich nach Drängen der Initiative für eine Bürgerversammlung ein. Die Grünen weisen darauf hin, dass die Stadt auf das Bestreben von Bezirksvorsteherin Uschi Lichtenegger hin nun das Flächenwidmungsverfahren, das den "besten öffentlichen Mehrwert der Neubebauung" sicherstellen soll, eingeleitet habe.

Das könnte 2021 dann starten, heißt es aus dem Büro von Vizebürgermeisterin Birgit Hebein (Grüne), ein Gemeinderatsbeschluss sei vor Mitte 2021 "nicht denkbar." Im Winter ist laut UBM der Abbruch der Gebäude geplant, man rechnet mit einer Bauzeit von etwa zweieinhalb Jahren. (Vanessa Gaigg, 12.8.2020)