Frank Stronach legte 2016 im ORF-"Sommergespräch" bei Susanne Schnabl einen seiner legendären Auftritte hin.

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Wien – Auch wenn das "Sommergespräch" bereits vier Jahre her ist, beschäftigt es immer noch die Justiz: Kürzlich hat auch das Bundesverwaltungsgericht entschieden, dass der ORF mit seiner Analyse des "Sommergesprächs" von Frank Stronach mit Susanne Schnabl im Jahr 2016 gegen das Objektivitätsgebot verstoßen habe. Das Bundesverwaltungsgericht bestätigte somit die Entscheidung der KommAustria, die 2017 nach einer Beschwerde Frank Stronachs eine Verletzung des ORF-Gesetzes festgestellt hatte. Der ORF wandte sich daraufhin an die nächste Instanz – das Bundesverwaltungsgericht.

Filzmaiers "Kürzestanalyse"

Politikwissenschafter und ORF-Analytiker Peter Filzmaier hatte im Anschluss an das "Sommergespräch" am 25. Juli 2016 im Studio der "ZiB 2" auf die Frage von Lou Lorenz-Dittlbacher, ob er bei dem Befund bleibe, dass bei Stronach jede Analysefähigkeit zerschelle, gesagt: "Ja, ich fühle mich, ehrlich gesagt, eher hilflos, denn einerseits würde ich gerne die eigenen Parteimitglieder vom Team Stronach an einen Lügendetektor anschließen, um herauszufinden, ob sie sich das denken, was vielleicht auch die Kürzestanalyse mancher Zuseher ist, in drei Worten nämlich: Er ist plemplem."

Peter Filzmaiers "Plemplem"-Befund ist ab Minute 5:30 zu sehen.
Leon Koenig

ORF dürfte dagegen vorgehen

Die KommAustria und das Bundesverwaltungsgericht sehen in Filzmaiers "Plemplem"-Sager einen Verstoß gegen das Objektivitätsgebot des ORF. Filzmaier verfüge über eine Art Deutungshoheit über das politische Geschehen in Österreich. Der Politologe müsse sich an das ORF-Gesetz halten. Laut der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts sei keine Revision zulässig.

Dem ORF steht noch der Gang zu den Höchstgerichten offen. Laut STANDARD-Infos hat sich der ORF bereits an den Verfassungsgerichtshof gewandt – der ORF und das Bundesverwaltungsgericht bestätigten das Vorgehen Montag am Nachmittag auf STANDARD-Anfrage.

Aufschiebende Wirkung

Der Verfassungsgerichtshof hat dem ORF eine aufschiebende Wirkung zugestanden, sonst hätte der öffentlich-rechtliche Rundfunk innerhalb von sechs Wochen nach der Entscheidung – sie erging Ende Mai – folgenden Spruch in der "ZiB 2" verlauten müssen: "Die KommAustria hat aufgrund einer Beschwerde Folgendes festgestellt: Durch die am 25.7.2016 von Univ.-Prof. Dr. Peter Filzmaier im Rahmen der um 22 Uhr im Fernsehprogramm ORF 2 ausgestrahlte Sendung 'Zeit im Bild 2' getätigte Äußerung zu Frank Stronach, welche eine polemische und unangemessene Formulierung enthielt und von der sich der ORF nicht distanziert hat, wurde das Objektivitätsgebot des ORF-Gesetzes verletzt."

Peter Filzmaiers Analyse des "Sommergesprächs" hatte zu einem gröberen Zerwürfnis zwischen Frank Stronach und dem ORF geführt. Der Parteigründer prozessierte gegen den ORF auch in der Causa Schloss Reifnitz. Stronach trat aufgrund der "Feindseligkeit" des ORF, wie er es in einer Aussendung formulierte, nicht mehr zum "Sommergespräch" an. (omark, 10.8.2020)