Wird Donald Trump am Ende doch wieder gewählt? Noch sagen Umfragen das nicht voraus. Es wird aber knapper.

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Washington – Alle wollen es schon immer gewusst haben, und jetzt ist es so weit: US-Präsident Donald Trump startet die Aufholjagd, seinen Konkurrenten Joe Biden hat er schon fast überholt. Das jedenfalls ist der Eindruck, den eine neue Umfrage des US-Senders CNN gemeinsam mit dem Institut SSRS vermittelt, die am Sonntag veröffentlicht wurde. Mit nur noch vier Punkten sieht sie den demokratischen Herausforderer vor dem republikanischen Amtsinhaber, 50 zu 46 – nachdem dasselbe Institut und der gleiche Sender Biden im Juni noch mit 14 Prozentpunkten 55 zu 41 vorangesehen haben. Auch unter Wählerinnen und Wählern in wichtigen Swing States sei Biden demnach nur noch knapp voran, so das Ergebnis der Umfrage.

Allerdings: Am Ergebnis der Befragung, die massive Medienaufmerksamkeit ausgelöst hat, sind – zumindest vorerst – noch Zweifel angebracht. Denn es spiegelt sich, jedenfalls in diesem Ausmaß, bisher kaum in anderen Umfragen wider. Ebenfalls über das Wochenende haben ABC News und die "Washington Post" ihre gemeinsame Umfrage veröffentlicht, gleichfalls NBC News und das "Wall Street Journal". Beide melden weiterhin eine deutliche Führung für Biden. In der ersten der beiden Umfragen liegt sie in verschiedenen Modellen zwischen zehn und zwölf Prozentpunkten. In der anderen bei neun Prozentpunkten.

Es wird knapper

Richtig ist aber auch hier: Das Rennen wird enger, als es noch im Juni war. Dafür sprechen auch die Ergebnisse einzelner Umfragen aus wichtigen Swing States. Hatte Biden etwa Ende Juni in Michigan noch eine Führung von zehn Prozentpunkten, sind es laut einem Mittelwert der Umfrage- und Analyseseite fivethirtyeight.com nun nur noch um die sieben Prozentpunkte. In Wisconsin ist der Abstand von acht auf sieben Punkte gesunken, in Pennsylvania von acht auf 6,5. Und in Florida beträgt der Abstand nun fünf statt sieben Punkte.

Möglich ist, dass es sich dabei um das Resultat einer höheren Bekennerquote handelt, waren Ende Juni doch die Effekte von Corona-Krise und Black-Lives-Matter-Protesten auf ihrem Höhepunkt. Allerdings hat sich auch das Rennen um die Sitze im US-Kongress beim sogenannten Generic Ballot verschoben. Dabei werden die landesweit Befragten nach ihrer Parteipräferenz geordnet, was im US-Wahlsystem zwar keine direkten Rückschlüsse erlaubt, aber doch indirekte Ergebnisse liefert. Dort waren die Demokraten Ende Juni neun Prozentpunkte vorangelegen, nun sind es 7,5 Punkte. Laut Berechnungen benötigen die Demokraten einen Vorsprung von etwa fünf Punkten, um die Mehrheit im Repräsentantenhaus zu halten. Grund dafür sind die ungleich gezogenen Wahlkreisgrenzen ("Gerrymandering"), die meist die Republikaner bevorzugen.

Derzeit gilt also: Es wird knapper, aber noch nicht knapp. Allerdings: Der Wahlkampf dauert noch rund drei Monate. Es könnte also durchaus auch noch wirklich eng werden. Die Demokraten hoffen mit ihrem Parteitag, der Democratic National Convention, die in der Nacht auf Dienstag beginnt, den Trend umzukehren. (mesc, 17.8.2020)